
Die Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig trauert um den ehemaligen Medienkunst-Dozenten Reinhard Ludwig, der am 14. März 2023 im Alter von 74 Jahren verstorben ist.
„Zum Löten braucht man Ruhe und drei Hände“
Reinhard Ludwig wurde am 12. Juli 1948 in Kassel geboren. Nach einem Studium in Jura und Politikwissenschaften an der Johann-Goethe-Universität, Frankfurt am Main (1969–1973) arbeitete er bis 1978 in der Entwicklungs-und Testabteilung der Firma Braun. Im Anschluss studierte er Feinwerktechnik an der Fachhochschule Furtwangen FHF (1978 - 1982) wo er erfolgreich mit der Entwicklung eines stör- und ausfallsicheren DCF 77-Empfängers absolvierte. Der leidenschaftliche CB-Funkamateur surfte auf sämtlichen Wellenlängen. Jenseits aller Disziplinen und stets auf dem aktuellen Stand technischer, wissenschaftlicher wie medialer Entwicklungen galt Reinhard Ludwig als geistreicher Diskussionspartner. Der kreative Elektroingenieur und Programmierer unterstützte mit seiner lösungsorientierten wie visionären Haltung zahlreiche Künstler*innen beim Bau interaktiver Anwendungen und bei der Umsetzung ihrer Projekte. Ob als freier Mitarbeiter im Ulmer Gestaltungsbüro Produktentwicklung Roericht (PER) oder im Medieninstitut am MD Berlin (später mib), zu deren Gründungsgesellschaftern er gehörte, realisierte er eine Vielzahl von Projekten, darunter wegweisende interaktive Multimediaproduktionen für Museen wie „Lumpensammler im Datenraum“, 1995 und „Bauen im Licht – Das Glashaus von Bruno Taut“, 1996, Werkbund-Archiv, Museum der Dinge, “Die Digitale Galerie“, Gemäldegalerie Staatliche Museen zu Berlin, 1997 oder „Zum Umgang mit dem "Prinz-Albrecht-Gelände nach 1945“, Stiftung Topographie des Terrors, 1998. Bei Cityscope (cityscope online medien GmbH) war Reinhard Ludwig seit Beginn der 1990er maßgeblich an der Entwicklung des Mediums Online-Panorama-Fotografie beteiligt und dort bis 2019 verantwortlicher Mitarbeiter für Kameratechnik und Systembetreuung.
Reinhard Ludwig hatte seit Anfang der 1980er Jahren regelmäßige Lehraufträge u.a. an der Universität der Künste Berlin, der Kunsthochschule für Medien Köln sowie an der HGB Leipzig, wo er von 2004 bis 2019 Lehrbeauftragter im Studiengang Medienkunst war. In Workshops wie „Horch was kommt von drinnen raus“ vermittelte er dort beim Bau von Antennen, Detektoren, Stereoverstärkern, „Echtkopfmikrofonen“, „Lichtschrecken“ und anderen elektronischen „Einzellern“ oder dem „Radio Paranormal“ das Löten und Grundlagen der Schaltungstechnik. Mit unendlicher Geduld ermöglichte er das Hörbarmachen von Unhörbarem immer gemäß dem Motto „Embrace the Absurd“.
Unser herzliches Beileid gilt allen, die Reinhard Ludwig kennen und erleben durften. Wir werden ihn in guter Erinnerung behalten.
Text: Prof. Christin Lahr