Was ist ein Bild?
Franziska Reinbothe ist durch und durch Malerin. Der Leipziger Künstlerin geht es in erster Linie um die Malerei, um das Bild an sich. Was ist oder konstituiert ein Gemälde – physisch und konzeptuell? Wie kommt man überhaupt zu Bildern?
In den letzten Jahren ist Reinbothe vor allem mit ihren sogenannten „Umformungen“ mit großem Zuspruch in Erscheinung getreten. Dabei malträtiert sie – teilweise mit scheinbar brachialer Gewalt – die bemalte Leinwand und den formgebenden Keilrahmen. Die Bilder werden auseinandergenommen, gefaltet, geschnitten, auf links gedreht, gebrochen. Zerstörung als Schöpfungsakt. Aus der relativ leichten, zweidimensionalen Bildfläche wird ein wuchtig-schweres, dreidimensionales Bildobjekt – ein Resultat aus gesteuertem Zufall, denn die Künstlerin weiß ziemlich genau, was sie da tut und kann als erprobte Herrin ihres Mediums das Ergebnis ihres auf dem ersten Blick willkürlichen Wirkens mehr oder weniger präzise voraussehen. Doch wann kippt Sicherheit in der Handhabung – was früher als meisterliches Handwerk hochgepriesen wurde – in routinierte Handlung um? Wann wird schöpferisches Schaffen zu reiner Produktion?
Um sich nicht zu kompromittieren, suchte Franziska Reinbothe neue Wege, um ihren künstlerischen Erforschungs- und Erfindungsprozess mit anderen, leiseren Mitteln voranzutreiben. Ziel ist es nach wie vor, die in der herkömmlichen Malerei häufig vernachlässigten Rückseite und Ränder des Gemäldes, aber auch der Keilrahmen, als gleichwertige Bildkomponente in Erscheinung treten zu lassen – ohne sie dabei zu verletzen. Nach wie vor stellt das Bild nichts außer sich selbst dar. Oder besser gesagt: es stellt nicht dar, sondern ist. Im selben Geist wird Farbe nicht aufgetragen, sondern gehört intrinsisch zum Bildträger. Bei diesen neuen Werken greift sie also nicht wie sonst auf Pinsel, Farbe und Leinwand zurück, sondern vernäht und bespannt semitransparenten Chiffon in weichen Pastelltönen auf meist doppelten Keilrahmen. Dabei wird der Raum zwischen den doppelten Bildflächen und der dahinterliegenden Wand farblich aufgeladen. Zwei oder mehrere Stoffe in verschiedenen Farben übereinander gelagert lassen neue, changierende Nuancen entstehen und je nach Standpunkt der Betrachter*innen bzw. Lichteinfall oder -intensität öffnet bzw. schließt sich die Bildoberfläche, so dass die Werke stets zwischen Leichtigkeit und Schwere, Fenster und Platte oszillieren.
Konstant bleibt das Prinzip des gesteuerten Zufalls. Eine Komposition wird nicht konzipiert, sondern ergibt sich bzw. wird von der Künstlerin angenommen. In diesem Sinne erklärt Franziska Reinbothe: „Das Bild ist schon da. Ich habe es lediglich gefunden.“ Sehr bescheiden für eine Künstlerin, die es mit ihren Werken schafft, die schon x-mal für tot erklärten Malerei mit einfachen, aber dennoch prägnanten Mitteln zum neuen Leben zu erwecken.
(Gérard A. Goodrow, gekürzt)
Ausbildung
2010/13
Meisterschülerstudium der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (HGB)
2010
Diplom Malerei/Bildende Kunst (Sehr Gut)
2007
Erasmussemester an der Kunst- und Designhochschule Bergen/Norwegen
2005/10
Studium im Fachbereich Malerei/Grafik (HGB)
2003/05
Studium im Fachbereich Medienkunst (HGB)
Berufs- und Lehrerfahrung
2021
kuratorische Leitung des Kunstvereins Lüneburg
seit WS 2019
Künstlerische Mitarbeiterin des Fachbereiches Malerei/Grafik (HGBLeipzig)
2016/heute
Vorträge, Seminare und Workshops an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin und an der Freien Kunstakademie Mannheim
2015/2016
Künstlerische Mitarbeiterin der Fachklasse für Malerei mit medienübergreifender Ausrichtung von Prof. Ingo Meller (HGB Leipzig)
Einzel- und Doppelausstellungen
2022
Erweiterung der Möglichkeiten II, Städtische Galerie Paderborn
2021
zu Bildern kommen, GALERIE ALBER, Köln
the reason why we Goldberg Galerie, München
setzen, stellen, legen, Flottmanhallen, Herne
Bildräume, Galerie Kim Behm, Mannheim
Formen geben, Neue Galerie für zeitgenössische Kunst, Gera
precisely repaired, Galerie Evelyn Drewes, Hamburg
2020
Erweiterung der Möglichkeiten, Städtische Galerie Paderborn
geordnete Verhältnisse GALERIE ALBER, Köln
2019
bei genauer Betrachtung, Kunstverein Lüneburg
2018
Spaces & Layers, C&K Galerie, Berlin
von allen Seiten, Galerie Ebbers, Kranenburg
Kräfte messen, Museum Wilhelm Morgner, Soest
2017
um in Form zu bleiben bekommen, Iconotop Galerie, Weimar
Brushing against Objects, Bistro 21, Leipzig
Blau, wie gesagt, Galerie Raum Weisz, Leipzig
2016
Lockere Gesellschaft, novilla, Berlin
Franziska Reinbothe, Galerie Kim Behm, Frankfurt/Main
Gruppenausstellungen (Auswahl)
2022
Vier mal Vier Hamburger Kunsthalle
worin unsere Stärke besteht, Kunstraum Kreuzberg, Berlin
in Transit, GALERIE ALBER, Köln
Material im Raum I, Schloss Agathenburg Rhizom, Galeriefest Kassel
2021
may the soul not be as balloons, Galerie CRONE, Wien/AT
Farbe die den Raum erobert, Galerie Klaus Braun, Stuttgart
2020
from dawn till dusk / update, Galerie Robert Drees, Hannover
if yesterday was tomorrow what is today, BODE Projects, Berlin
nearby – wie Bilder zeigen, PEAC Museum, Freiburg i. Br.
früher war schon immer jetzt, Hamburger Kunsthalle
Die absurde Schönheit des Raumes, Hamburger Kunsthalle
Crisis, what crisis?, Port25, Mannheim
holding a self-contained secret, Pavilion Contemporary Art, Watou/BE
Umformung, Galerie Evelyn Drewes, Hamburg
Jetzt! Junge Malerei in Deutschland, Deichtorhallen Hamburg
implicit movement, Gallery Sofie Van de Velde, Antwerpen/BE
2019
invited by // part two, Galerie Robert Drees, Hannover
im Garten der Farben, PEAC Museum, Freiburg i. Br.
Jetzt! Junge Malerei in Deutschland, Kunstmuseum Bonn, Museum Wiesbaden und Kunstsammlungen Chemnitz
re-define relief, Kunstverein Schwerin
2018
Who loves the Sun, Pictura, Dordrecht/NL 4abstract2not, QuadrArt, Dornbirn/A
Backstage – The rear Side, Galerie Mehdi Chouakri, Berlin und Galerie Thomas Rehbein, Köln
Sichtweisen II, Sächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Dresden und Landesvertretung des Freistaates Sachsen, Berlin
2017
Backstage – The rear Side, Galerie Sofie Van De Velde, Antwerpen/BE Berufstätige Bevölkerung, Schloss Plüschow, Wismar
TRUNK, Kunstverein Lüneburg
2016
Modi des Minimierens, Galerie Gisela Clement, Bonn
Allerbeste Aussichten, Kunstraum Alexander Bürkle, Freiburg i. Br.
Maifrische, Erfrischungsraum, Luzern/CH
Spring Exhibition 2016, Charlottenborg Kunsthal, Kopenhagen/DK
Silence comes from the hardest Working in Town, Kreuzberg Pavillon, Berlin
Sammlungen
Sammlung zeitgenössischer Kunst der Bundesrepublik Deutschland Sammlung der Hamburger Kunsthalle
Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Sammlung des PEAC Museums Freiburg i. Br.
Sammlung der Kunsthalle Rostock Städtischer Kunstbesitz der Stadt Soest Sammlung Schloss Plüschow, Wismar
sowie Privatsammlungen im In- und Ausland.
Auszeichnungen
2021
Arbeitsstipendium Künstlerhaus Lukas, Ahrenshoop Werkankauf durch die Förderstiftung der Hamburger Kunsthalle
2020
Werkankauf durch die Sammlung zeitgenössischer Kunst der Bundesrepublik Deutschland
2018
Nominierung Rostocker Kunstpreis 2018
2016
Wilhelm-Morgner-Stipendium, Soest
2015
Arbeitsstipendium Mecklenburgisches Künstlerhaus Schloss Plüschow
Nominierung LVZ-Preis, Leipzig
2014
Werkankauf durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, Dresden
2013
Nominierung Wilhelm-Morgner-Preis, Soest
Artist in Residence Nida Art Colony, Vilnius Art Academy, Litauen
Publikationen
2022
zu Bildern kommen, Salon Verlag Köln
Hier ist die Gegenwart, Hamburger Kunsthalle
Acts of Painting, Grafische Cel, Gent/Belgien
2021
PARNASS Kunstmagazin UP & COMING, Wien/Österreich
2019
Jetzt! Junge Malerei in Deutschland, Kunstmuseum Bonn, Museum Wiesbaden,
Kunstsammlungen Chemnitz
FOA – Friend of the Artist Volume 9, Dallas/USA
bei genauer Betrachtung, Kunstverein Lüneburg
ArtMaze Magazine, Winter Issue 11, Curated Selection, London/GB
2018
Kräfte messen, Museum Wilhelm Morgner, Soest