Am Freitag, den 25. Mai 2018 eröffnete das kollektive Ausstellungsprojekt „RE: Bachelor Machines“ des Masterstudiengangs Kulturen des Kuratorischen an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (HGB).
In Folge der industriellen Revolution gibt es in der Literatur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts phantastische, erotische Menschen-Maschinen, die metaphorisch als rebellische soziale Modelle der Anti-Fortpflanzung verstanden werden. Michel Carrouges hat diese 1954 unter dem Begriff Bachelor Machines (Junggesellenmaschinen) zusammengefasst, ausgehend von Marcel Duchamps Werk La mariée mise à nu par ses célibataires, même (Die Braut von ihren Junggesellen nackt entblößt, sogar / Das Große Glas, 1911 - 1925). Harald Szeemann übersetzte in seiner berühmten Ausstellung Bachelor Machines (1975) einige dieser theoretischen Fiktionen in physische Maschinen, die er mit einer Fülle anderer konzeptuell passender Materialien ergänzte, von Kunstwerken und Ready-Mades über Texte in einem kakophonen Versuch, sich mit dem “makabren und zeitlosen Mythos” auseinanderzusetzen.
Das kollektive kuratorische Projekt „RE: Bachelor Machines“ entwickelt sich durch die historische Verzweigung des Konzepts und Szeemanns Ausstellung von 1975, um die Energie zu erforschen und die Zeitlosigkeit des Mythos aus der Perspektive des Jetzt und Morgen zu hinterfragen und dabei Szeemanns kuratorische Methodik zu reflektieren. Wie hat der Übergang vom mechanischen Zeitalter zum so genannten Informations- oder digitalen Zeitalter den Mythos umgestaltet und seine Relevanz neu formuliert? Kann eine zeitgenössische feministische Perspektive in diesem Rahmen untergebracht werden oder wird sie den Mythos grundlegend verändern? Material aus Harald Szeemanns umfangreichem Archiv wurde innerhalb der Ausstellung verschiedenen zeitgenössischen künstlerischen Positionen, sowie Objekten, Text- und Videomaterial gegenübergestellt. Im Gegensatz zum berüchtigten ‚Szeemann-Modell’ des autokratischen Einzelautors wird mit einer kooperativen kuratorischen Tätigkeit auf einen heterogenen und kommunikativen Ansatz gesetzt. Während sich dieses kuratorische Unternehmen von Szeemanns assoziativem Modus Operandi inspirieren lässt, aktiviert es jedoch die Dispersion, die von einer positiven und integrativen Haltung gegenüber allen beteiligten Stimmen geprägt ist."RE: Bachelor Machines“ sollte nicht als Versuch verstanden werden, Szeemanns Ausstellung zu rekonstruieren. Während es sich um eine Form der Aktualisierung handelt, erhebt es nicht den Anspruch, die historische Ausstellung nachzustellen oder ihr zu huldigen. Die Ausstellung untersucht das Konzept aus einer zeitgenössischen Perspektive und visualisiert einen laufenden Forschungsprozess, der von dem kuratorischen Kollektiv über mehrere Monate hinweg verfolgt wurde. Der Betrachter ist aufgefordert, sich zwischen Themen wie Ent- und Verweigerung der Fortpflanzung, dem Einfluss der Digitalisierung auf das Verhältnis von Mensch und Maschine und einem aktualisierten Verständnis von Erotik, der politischen Handlungsfähigkeit der Bachelor - Maschine in der Gegenwart und der Überwindung von binärer Geschlechterzugehörigkeit in Vorbereitung auf einen posthumanistischen Zustand einzulassen.
KURATIERT VON:
Gunnar Ceccotti, Daniela Duca, Laetitia Gorsy, Anja Henckel, Ksenia Jakobson, Ingrid Kraus, Virág Major, Sarie Nijboer, Gabriela Seith, Vincent Schier, Ting Tsou, Julian Volz, Marlena von Wedel
KdK-TEAM:
Beatrice von Bismarck, Anna Jehle, Julia Kurz, Benjamin Meyer-Krahmer
BETEILIGTE:
Panos Aprahamian, Studierende der Kunstgeschichte und Kuration AUB Beirut / Mit Borras, Cibelle Cavalli Bastos, Maxxima Foxy, Neil Harbisson, Florentina Holzinger, Viktoria Modesta, Tyyne Claudia Pollmann, Hjördis Behncken & Thomas Spieler, Hannes Wiedemann
Liebelt-Stiftung Hamburg, Rotor Bike Leipzig, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Wahoo Fitness
25.05.2018, 17:45-18:30 Uhr
Künstlergespräch mit Cibelle Cavalli Bastos, Hannes Wiedemann
26.06.2018, 19:00 Uhr
Screening: Bruce La Bruce, “The Misandrists”
22.06.2018, 14:00-18:30 Uhr
Öffentliches Roundtable, Seminar „Archiving / Exhibiting“
19:00-22:00 Uhr
Führung und Gespräch mit den Kurator*innen
Archivieren und Ausstellen sind Praxen, die in diversen Hinsichten eng miteinander verbunden sind und die gegenwärtig wieder als Methoden der Historiographie, Bedeutungsproduktion und Konstruktion von Narrativen diskutiert werden. Als geheimnisvolle Institution bleibt ‚das Archiv‘ gewöhnlich unsichtbar und unzugänglich, wodurch der Eindruck einer unerschöpflichen Quelle von Geschichte(n) entsteht. Andererseits basieren Ausstellungen oftmals auf einem wie auch immer gearteten Archiv und es ist eine ihrer zentralen Eigenschaften, Dinge öffentlich zu machen.
Das Roundtable Seminar „Archiving / Exhibiting“ wird einige der mit diesem Komplex verbundenen Themen und Fragen ansprechen zur Diskussion stellen. Es findet statt im Kontext der Ausstellung „RE: Bachelor Machines“, die sich mit Fragen des Kuratierens und Ausstellens in Bezug auf das Archiv beschäftigt.
Ein Kooperationsprojekt zur Ausstellung RE: Bachelor Maschines
AUB Byblos Bank Art Gallery, Beirut, Libanon, 26.04.-30.05.2018
KURATIERT VON: Natasha Gasparian, Lama El Khatib, Nare Sahakyan, Yassmeen Tukan
BETEILIGTE: Ziad Abillama, Haig Aivazian, Lana Barakeh, Karam Ghoussein, Hiba Kalache, Jean-Marc Nahas, Dmitri Sarkisov, Rania Stephan, TeilnehmerInnen des Masterstudiengang Kulturen des Kuratorischen HGB Leipzig
The Horror, The Horror, The Horror - Harald Szeemann and the Archive