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Symposium: Costs of (Dis)Connecting (04.12.-05.12.2025)

Digitale Verbindungen werden oft als etwas durchweg Gutes verkauft: nahtlos, reibungslos, universell. Doch die Infrastrukturen, die uns miteinander verknüpfen, scheinen zugleich in Systeme von Ausbeutung, Extraktion und Erschöpfung angelegt zu sein. Sich zu verbinden kann heißen, etwas aufzugeben: Aufmerksamkeit, Intimität und den Zusammenhalt geteilter Lebenswelten. Auch das Disconnecten bleibt nicht folgenlos, es kann Isolation, soziale Unsichtbarkeit und prekäre Verhältnisse begünstigen.

In diesem Symposium fragen wir: Welche Kosten sind mit dem (Dis)Connecting in der digitalen Gegenwart verbunden? Wie formen Plattformen, Feeds und Modelle nicht nur das Sichtbare, sondern auch unsere Vorstellungskraft? Und wie lassen sich in diesen Systemen Gesten des Widerstands, der Verweigerung oder der Subversion entwickeln?

Programm – Auf einen Blick

Do. 04.12.2025, HGB (intern)

10:00-21:00 Uhr
Einführende Workshops für HGB-Studierende:
Lenn Blaschke & Caspar Weimann bei Prof. Christin Lahr & Sven Bergelt (Klasse Künstlerisches Handeln und Forschen)
Nicolas Gourault bei Prof. Clemens von Wedemeyer (Klasse Expanded Cinema)
Aleks Berditchevskaia bei Prof. Eli Cortinas & Prof. Stine Jacobsen (Grundstudium Medienkunst)
Cait Fisher bei Anna Zett (Klasse Performative Künste)
Orhun Mersin aka kekik & Yagmur Uçkunkaya (anderer Termin/Ort: Fr. 05.12., 13:30-15:30, HALLE 14)

18:15 Uhr
Öffentliches Film Screening:
Nicolas Gourault, VO (2020) und Their Eyes (2025) 

Fr. 05.12.2025, HALLE 14

Offen für alle: Kostenlos & ohne Anmeldung – einfach vorbeikommen!

10:00-21:00
Ganztägiges Programm bestehend aus Vorträgen, Gesprächen, einem Workshop und Performances mit: Günseli Yalcinkaya, Shumon Basar, Orhun Mersin & Yagmur Uçkunkaya, Shusha Niederberger & Heiko Schmid, Franziska von Hasselbach, Mark Mushiva und weiteren Personen

10:00 – 19:00
Begleitprogramm mit Filmscreening & Ausstellung
Einführende Workshops für HGB-Studierende (04.12.2025, HGB)
Als einleitendes Programm für das Symposium lädt der Workshoptag am 4. Dezember 2025 in der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig die Studierenden dazu ein, sich mit den praktischen, performativen und kritischen Dimensionen von Verbindung und Entkopplung in der digitalen Gegenwart auseinanderzusetzen. In fünf thematischen Workshops erforschen Künstler*innen, Forschende und Vermittler*innen die Infrastrukturen, Imaginationen und Praktiken, die unser Online- und Offline-Leben prägen. Von der Untersuchung algorithmischer Arbeit und KI-Systeme über Strategien gegen Online-Radikalisierung bis hin zu Experimenten mit kollektiver Agency, somatischer Resonanz und queeren Zugängen zu Technologie verbinden diese Sessions praktische Erprobung mit künstlerischen Strategien, reflektierender Analyse und spekulativen Methoden, um die Kosten des (Dis)Connectings zu beleuchten. Studierende sind eingeladen, sich aktiv mit den Methoden und Materialien auseinanderzusetzen, künstlerische und konzeptionelle Ansätze auszuprobieren und im Laufe des Tages über die Schnittstellen von Theorie, Technologie und Embodiment nachzudenken.
Öffentliches Symposium – Ablauf und Programm

Das Programm bringt Künstler*innen, Theoretiker*innen, Kurator*innen, Galerist*innen und Vermittler*innen zusammen, die diese Fragen aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten: Günseli Yalcinkaya spricht über Internetfolklore und untersucht die Beziehung zwischen neuen Technologien und den Mythen, die in diesen Strukturen eingeschrieben sind. Der Autor und Kurator Shumon Basar reflektiert über die psychischen Belastungen des Feeds und die fragilen Solidaritäten dessen, was er The Axis of Posting nennt. Mark Mushiva thematisiert die dekolonialen Möglichkeiten von Technologie und erforscht die materiellen, forensischen und poetischen Dimensionen afrikanischer akzelerationistischer Technologievorstellungen. Mit ihrer dialogischen Lecture-Performance Daily Disobedience zeigen Shusha Niederberger und Heiko Schmid, wie kleine Störungen, Verweigerungen und Mehrdeutigkeiten die Anforderungen digitaler Systeme an Konformität unterlaufen können. Franziska von Hasselbach, Senior Director bei Sprüth Magers, verortet Cyprien Gaillards Retinal Rivalry im Kontext der sich wandelnden Rolle von Galerien als vermittelnde Instanzen und Diskursräume in einer Zeit wiedererstarkender faschistischer Tendenzen. In ihrer spekulativen Workshop-Performance queeren Orhun Mersin aka kekik und Yagmur Uçkunkaya die Architekturen des maschinellen Lernens und legen algorithmische Ordnungen von Normativität und Fantasie frei.

Ablauf (05.12.2025, HALLE 14)
Kostenlos & ohne Anmeldung!

10:00 – 10:15

Begrüßung & Einführung
Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig & HALLE 14 – Zentrum für zeitgenössische Kunst

10:15 – 11:15
Vortrag: Tectonic Shifts
Günseli Yalcinkaya
Memetheorie, Folklore, Internet-Jugendkultur & KI-Mythen
Anschließendes Q&A 

11:15 – 12:15
Vortrag (digital): The Axis of Posting – Present Traumatic Screen Disorder
Shumon Basar (online)
Screenshots als Überlebensstrategie, Plattformmüdigkeit & the New New Normal
Anschließendes Q&A 

12:15 – 13:30
Lunch Break

13:30 – 14:30
Lecture Performance: Frequency – On the Decolonial Affordances of Technology
Mark Mushiva
Materielle, forensische und poetische Dimensionen afrikanisch-akzelerationistischer technologischer Imaginationen
Anschließendes Q&A

14:30 – 15:30
Lecture Performance: Archive of Daily Digital Disobedience
Shusha Niederberger & Heiko Schmid
Alltägliche digitale Widerstandsstrategien, Verweigerung und Plattform-Sabotage
Anschließendes Q&A 

15:30 – 16:00
Input Talk: The Gallery Interface
Franziska von Hasselbach
Über Cyprien Gaillards Retinal Rivalry als Studie zu Wahrnehmung, Erinnerung und Verfall – und darüber, wie Galerien die Brüche digitaler (Dis-)Konnektivität navigieren

16:00 – 17:15
Panel Discussion: Who Gets to (Dis)Connect?
Mit Günseli Yalcinkaya, Shusha Niederberger, Heiko Schmid, Franziska von Hasselbach. Moderation: Quincey Stumptner
Über Aufmerksamkeitsökonomien, künstlerische Strategien und Machtverhältnisse online/offline

17:15 – 17:45
Pause

17:45 – 18:45
Performance: Dragging the Latent, Unlearning the Model
Orhun Mersin aka kekik & Yagmur Uçkunkaya
Eine Drag- und Soundperformance mit visuellen Elementen basierend auf Workshop-Ergebnissen

19:00 – 21:00
Abschließende DJ Sets
dots and lines & Marek Novaq
Begleitprogramm
Die Beiträge stellen den Glauben der reibungslosen Online-Verbindung infrage. Sie zeigen, wie digitale Infrastrukturen Erinnerung, Trauma und Imagination prägen und eröffnen zugleich Räume der Spekulation, die die Logiken von Überwachung und Kontrolle herausfordern. Das Begleitprogramm führt diese Fragen in Film- und Ausstellungsformate weiter: Die Screenings versammeln Arbeiten, die digitale Subjektivitäten, algorithmisches Sehen und Politiken der Fürsorge untersuchen: Gala Hernández López’ The Mechanics of Fluids (2022) verfolgt die vernetzte Einsamkeit männlicher Online-Communities; Lydia Marx’ Little Pictures (2025) verwandelt die brüchigen Erinnerungen einer Drohne in eine Studie maschinischer Erzählweise; und Alex Bartschs Imitation Machines (2025) untersucht die Verflechtung von KI, automatisierter Suizidprävention und den Nachwirkungen kolonialer Gewalt. Die Ausstellung Der Wille zur Veränderung der HALLE 14– Zentrum für zeitgenössische Kunst versammelt Arbeiten von Christa Joo Hyun D’Angelo, Marc-Aurèle Debut, Jakob Ganslmeier & Ana Zibelnik, Kubra Khademi & Daniel Pettrow sowie Eric Meier.
Ablauf Begleitprogramm
10:00 – 19:00
Screenings

    • The Mechanics of Fluids, 2022, 38 min
      Gala Hernández 

    • LITTLE PICTURES, 2025, 27 min
      Lydia Marx

    • Imitation Machines, 2025, 3-Kanal-Video, 22 min (Laufzeit insgesamt)
      Alex Bartsch

10:00 – 19:00
Ausstellung
Freier Eintritt für „Der Wille zur Veränderung“
Mit Arbeiten von Christa Joo Hyun D’Angelo, Marc-Aurèle Debut, Jakob Ganslmeier & Ana Zibelnik, Kubra Khademi & Daniel Pettrow, Eric Meier
Referent*innen
Günseli Yalcinkaya
Günseli Yalcinkaya
Günseli Yalcinkaya ist Autorin, Forscherin und Kritikerin mit Sitz in London. Als Contributing Editor bei Dazed Magazine und ehemalige External Research Associate bei Moth Quantum untersucht sie Internet-Folklore und verfolgt, wie neue Technologien – von KI bis Quantencomputing – neue Ideologien, digitale Aberglauben und kollektive Fantasien hervorbringen.
Shumon Basar
Shumon Basar
Shumon Basar ist Autor, Herausgeber und Kurator, dessen Arbeit sich zwischen Kunst, Architektur, Medien und der kulturellen Logik der Gegenwart bewegt. Er ist Mitbegründer von Ibraaz, einem Raum für Kunst, Ideen und Kultur aus der Global Majority in London. Seit über 15 Jahren ist er Kommissar des Global Art Forum in Dubai und Kurator des Public Programme der Art Week Riyadh 2025. Er arbeitet mit Prada und Miu Miu zusammen und war Gründungsmitglied des Fondazione Prada Thought Council.
Shusha Niederberger & Heiko Schmid
Shusha Niederberger & Heiko Schmid
Shusha Niederberger ist Künstlerin, Pädagogin und Forscherin im Bereich digitale Kunst und Kultur. Sie studierte Bildende Kunst und Digitale Kunst in Zürich und Wien und konzipierte und leitete das Bildungsprogramm für das HEK (Haus für elektronische Kunst Basel). Ihre Forschung konzentriert sich auf aktivistische künstlerische Praktiken im Kontext digitaler Commons und datengesteuerter Infrastrukturen, und das Zusammenspiel des Ästhetischen mit dem Politischen.

Heiko Schmid ist Kunst- und Medienwissenschaftler, Kurator und Autor. Er arbeitet zu Themen aus Kunst-, Medien- und Kulturgeschichte, dem Science-Fiction Genre, der digitalen (Populär-)Kultur sowie zu Komplexität informierenden Vermittlungs-strategien. Heiko Schmid ist Präsident der Kommission KiöR (Kunst im öffentlichen Raum) der Stadt Zürich und Gründungsmitglied des kuratorischen Kollektivs Kunstsurfer.
Orhun Mersin & Yagmur Uçkunkaya
Orhun Mersin & Yagmur Uçkunkaya
Orhun Mersin, auch bekannt als kekik ist türkische Drag-Künstler*in, KI-Forscher*in und Tänzer*in mit Sitz in Berlin. Als ausgebildete zeitgenössische Tänzer*in und Informatiker*in sind they Teil der Forschungsplattform New Practice in Art and Technology an der TU–UdK Berlin. They sind sowohl im akademischen als auch im queeren Nachtleben aktiv, leiten Vorträge und Workshops – oft in Drag – und erhielten den M.A.-Abschluss mit einer Arbeit, die Dragging als spekulative Methodologie queeren Scheiterns untersucht, um alternative Zukunftsbilder zu erschaffen.

Yagmur Uçkunkaya arbeitet mit KI-Technologien in künstlerischen und interdisziplinären Kontexten, wobei sie sich auf deren entstehende Imaginationen, gesellschaftliche Auswirkungen und operative Prozesse konzentriert. Sie hat einen Bachelor in Medieninformatik und war mehrere Jahre in einer Creative-AI-Agentur tätig, wo sie Projekte von anarchischen Sprachinstrumenten bis zu intelligenten Bewässerungssystemen für Berliner Stadtbäume umsetzte.
Franziska von Hasselbach
Franziska von Hasselbach
Franziska von Hasselbach ist Kunsthistorikerin und Senior Director bei Sprüth Magers in Berlin, einer der führenden internationalen Galerien für zeitgenössische Kunst in Europa. Ihre Arbeit bewegt sich an der Schnittstelle von zeitgenössischer Kunst, institutioneller Strategie und kultureller Nachhaltigkeit. Sie war an der Etablierung der Berliner Niederlassung der Gallery Climate Coalition beteiligt, einer Initiative, die sich für nachhaltigere Praktiken in der Kunstwelt einsetzt. Zudem hat sie zu Ausstellungen und Publikationen beigetragen, die Fotografie, Technologie und feministische Perspektiven in der visuellen Kultur thematisieren.
Quincey Stumptner
Quincey Stumptner arbeitet als Moderator sowie Facilitator (Workshopbegleiter) und forscht zu inklusiven digitalen Ökosystemen. Ursprünglich unterwegs als politischer Berater, arbeitet er seit einiger Zeit selbständig, moderiert Konferenzen und leitet Workshops und Diskussionen zu politischen, technologischen und ökonomischen Themen.
Lydia Marx
Lydia Marx
Lydia Marx (*1995, lebt und arbeitet in Berlin) ist Künstlerin und Filmemacherin. Ihr Werk umfasst Videoarbeiten, Fotografie und Installationen, in denen sie thematisch auf kollektive und individuelle Erinnerungen, sowie technologische Entwicklungen zuru?ckgreift. In ihrer Praxis baut sie komplexe Narrative und Bildwelten auf und synchronisiert diese mit Prozessen menschlicher Emotionen und dem Wechsel von Zeitra?umen in historischen und fiktiven Kontexten.
Alex Bartsch
Alex Bartsch
Alex Bartsch arbeitet an der Schnittstelle zwischen Dokumentarfilm, Essay und Videokunst. Seine Arbeiten beschäftigen sich mit der Fortschreibung kolonialer Extraktionslogiken in Diskurs und Technologie. Studium an der HGB Leipzig bei Peggy Buth, Clemens von Wedemeyer und Mareike Bernien.
Das Symposium wird im Rahmen von (Un)Learning Digitalities mit Prof. Anna Ehrenstein (Klasse Fotografie im Feld der Zeitgenössischen Kunst) der HGB und dem Büro für Digitale Lehre an der HGB (Eliza Goldox, Juness Beshir und Fabian Lehmann) in Kooperation mit HALLE 14 – Zentrum für zeitgenössische Kunst organisiert. Das Projekt wird kofinanziert von der Europäischen Union und mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.