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Johannes Porsch: The Metaphor Problem, Again, Again

Ausstellung in der Galerie der Hochschule für Grafik und Buchkunst/ Academy of Fine Arts Leipzig
13. April – 19. Mai 2018 

Wie das Ausstellen von Kunst Bedeutung herstellt und damit auch an der Produktion von Wertformen mitwirkt, bildet eine der Kernfragen innerhalb der künstlerischen Arbeit von Johannes Porsch, die sich in der HGB-Galerie als vielfältig verknüpfte Raumgreifung von Skulptur/ Display, Text/ Bild/ Buch, Diskurs und performativen Momenten äußert. Dass hierbei die Bedingungen des Ausstellens selbst zum Gegenstand künstlerischen Handelns werden, deutet schon die zeitliche Verschiebung von Künstlergespräch und Jonglierworkshop vor die eigentliche Eröffnung der Ausstellung an. Wann beginnt, wann endet eine Ausstellung? Wann setzt das Spiel des Bedeutens ein? Dann wenn habituell erfahrene, architektonische Elemente – die rhythmisierte Form einer Säule oder das Steigungsverhältnis einer Treppe – in ästhetische Objekte umschlagen? Dieser Umschlagpunkt oder Moment des Übertragens interessiert Porsch, wenn er etwa die Treppen der HGB als verbindendes und trennendes Element zwischen dem Inneren und dem Äußeren der Hochschule in einem Akt des Abwickelns, Zerschneidens, Drehens und Wendens aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang löst und als Abfolge von L-Formen aus rohen Spanplatten am Boden der Galerie rekonfiguriert. Nicht nur die  Reflexion der räumlichen bzw. institutionellen Rahmung und ihr Verhältnis zur Öffentlichkeit als notwendige Voraussetzung für die Bedeutungs- und Wertproduktion steht hier zur Disposition, ebenso geht es dem Künstler um die Frage nach dem Gelingen der Transformation vom alltäglichen zum ästhetischen Objekt – die allerdings durch die Verwendung und zur „Zur-Schau-Stellung“ von
unbearbeitetem Rohmaterial offensichtlich in Schwebe gehalten wird.

Eine vergleichbare Irritation im Prozess der Bedeutungszuschreibung schafft der (außer)künstlerische Jonglierworkshop der Zirkusartistin Eyda Adjei-Newman. Im performativen Akt des Jonglierens zirkulieren Tennisbälle, bedruckt mit der Gleichung x Ware A=y Ware B. Nach Marx stiftet dieser Äquivalenzausdruck zwischen den Dingen eine Beziehung von „Gleichartigkeit bei gleichzeitiger Verschiedenheit“. Diese „metaphorische Beziehung“ zwischen einer Ware A und einer Ware B – erzeugt durch die Kopula –, sei das„offene Geheimnis“ aller Wertform, insofern ihre „Bedeutung“ in der magischen Kraft liege, die konkreten Bedingungen der Warenproduktion in Abstraktion zu kleiden und ihr so den Schein naturhafter Prozesse verleihe. Das Magisch-Trickhafte des Jonglierens tritt hier mit der Magie oder illusio der Ausstellung als Wertschöpfungsprozess in ein Spannungsverhältnis. Was Ausstellungen herstellen, wird in Bedeutung übersetzt, wenn die ihr zugrundliegende poetische Transformation als gesellschaftlicher Prozess gelingt: Die Bedeutung der Dinge so in Bewegung zu setzen, dass sie symbolisch Wertformen als Rätsel, das heißt, als „offenes Geheimnis“ geteilten Glaubens auszudrücken vermögen.

Auf den Punkt gebracht, wird das Problem der Metapher als „Gleichsetzung von Verschiedenartigen“ durch die Wiederaufführung eines von John Baldessari und Lawrence Weiner publizierten Künstlerbuches mit dem sprechendem Titel The Metaphor Problem Again (1999). Wieder greift Johannes Porsch auf Verfahren des Zerlegens, Brechens, Drehens und Wendens zurück, um die in der Vorlage fixieren Elemente, wie Text(bild) und Bild(narrativ)zu mobilisieren. Mit der Gleichsetzung von Text und Bild, der Verdoppelung der Textebene und den daraus resultierenden Effekten der Entleerung oder des Aufschiebens von Bedeutungsgehalten kehrt die Metapher als offensichtliches Problem, oder „offenes Geheimnis“ wieder: Als Übertragungsfehler im Akt des  Sich-ein-Bild-machens.

Entscheidend ist zudem, dass die von Johannes Porsch vorgelegte Version von The Metaphor Problem Again, Again als Unfertiges zur Ausstellung kommt. Die in der Hochschule gefertigten Druckbögen verweisen einerseits auf die besonderen Produktionsverhältnisse bzw. Möglichkeiten der Hochschule, andererseits gibt sich die Ausstellung als Unterbrechung eines künstlerischen Arbeitsprozesses zu erkennen. Mit der Arretierung oder Stilllegung der Arbeit an einem Werk tritt die spezifische Temporalität des Ausstellens als auch ihre Verräumlichung innerhalb der institutionellen Koordinaten als grundlegende Modalität der Ausstellung in den Vordergrund, als vielfach codierte raum-zeitliche Beziehung zwischen den Dingen. Demgemäß lassen sich die der Ausstellung zugrunde liegenden Bedingungen nicht vor oder hinter den Dingen aufdecken, nicht als gesetzmäßige Losung auf- und ausstellen. Einen Hinweis darauf gibt Unhappy Performance, eine Serie von ebenfalls in den Werkstätten der HGB produzierten Grafiken, die der Herstellung oder Auflösung von sich gegenseitig bedingenden Verhältnissen in Form einer versuchten Knotenbildungen gewidmet ist – Verhältnisse, wie sie sich zwischen Form, Inhalt und Methode der Ausstellung und ihrer raum-zeitlichen Verortung aufspannen.

Vergleichbar mit der Aufzeichnung einer performativen Handlung verweist das Nichtzustandekommen oder die Auflösung des Knotens auf die Unmöglichkeit die Bedingungen des Ausstellens als Ausstellung auszustellen. Deshalb begibt sich Johannes Porsch in die Lagebeziehungen hinein, zerlegt, dreht, wendet die Dinge – die Treppe, die Säule, Text, Bild, das Buch und die Linie – und ordnet sie so zueinander, dass es schwer fällt nicht über die Modalitäten des Ausstellens nachzudenken.

What can a group Do?
Auf expliziten Wunsch der Kuratorin wird in der Ausstellung die Dokumentation der Live-Performance What can a group do. What Can A Group Do? is performed as The Purloined Letter; After Steve Paxton, The Small Dance/The Stand, 1967 gezeigt, die Johannes Porsch gemeinsam mit der Künstlerin Tanja Widmann für die Generali Foundation Wien 2011 realisiert hat. Mit der Wiederaufnahme und Umschrift einer von Steve Paxton realisierten Performance in der Intermedia Galerie in Vancouver gerät eine andere Form von Lagebeziehungen in den Fokus – die, zwischen Körpern. Auch hier geht es um ein Spiel von Kräften im einfachen Aufsuchen einer Position, im Aufrechterhalten des Körpers, im Zusammenspiel mit anderen Körpern, von Körpern im Raum. Der dabei entstehende imaginäre Knoten ist eine vielleicht penetrante Metapher dafür, dass die jeweiligen spezifischen Verhältnisse zueinander die Bedingungen der Formbildung sind, und dass die Formbildung auf genau diese Verhältnisse zurückwirkt. 

Johannes Porsch arbeitet als Künstler, Kurator und Autor in Wien. Texte, Ausstellungen und Publikationen zu Repräsentationspolitiken und daraus folgenden Subjektivierungsprozessen (Performativität), u.a. Pauline’s Studio, Schindler House, Los Angeles (1997), Blick A/ Blick B, Salzburger Kunstverein, Salzburg (2005), Transitory Objects TBA 21, Wien (2009), Moments, ZKM Karlsruhe (2011), Continuous Monument, Corporate Arcadia, Viennafair, Wien (2011), Mobile Springerin Library, Kunsthaus Bregenz Arena (2012), Unruhe der Form, Secession, Wien (2013), Project Proposal #7, Capital of Desires, 14. Biennale di Venezia, Architettura, Venedig (2014), Project Proposal #9, Erste Stiftung, Wien (2014), Project Proposal # 15, The School of Kyiv, Kiew (2015), Julius Koller Tropology Julius Koller. One Man Anti Show, Mumok, Wien (2016/2017), Tropology, Kunstpavillon, Tiroler Künstlerschaft, Innsbruck (2017).