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Variationen über ein Thema

Eröffnung: 24. Mai 2012, 19.00 Uhr 
- mit einer Performance von Gerry Bibby
Dauer: 25. Mai bis 30. Juni 2012
Ort: Studio International / Galerie der HGB Leipzig

Gruppenausstellung mit Arbeiten von: Anna Barham, Erica Baum, Gerry Bibby, Günter Karl Bose, Marcel Broodthaers, Theresa Hak Kyung Cha, Markus Dressen, Thomas Eggerer, Dorit Margreiter, Henrik Olesen, Paulina Olowska, Kirsten Pieroth und Heimo Zobernig

Die Ausstellung VARIATIONEN ÜBER EIN THEMA setzt am (alphabetischen) Schriftzeichen an, als einzelnem Buchstaben oder Kombination von Zeichen. Die Arbeiten verbinden bildliche und sprachliche Aspekte, sie changieren zwischen Gestalt und Mitteilung. Auf einer formalen Ebene geht es um Fragen der Komposition, der Gruppierung, Zerlegung, Auffächerung oder Auflösung, die auf je eigene Weise die Logik des Zeichens oder der Zeichenfolge stören, aber auch darauf abzielen, die Zeichenhaftigkeit zu betonen – als ein Verweis, der die Situation öffnet und über sich hinaus in eine andere Richtung deutet. Hervor tritt der performative Charakter des Buchstabens als dynamisches Material, das formt, ausdrückt, kommuniziert und verfehlt. Die Reproduzierbarkeit und soziale Wirksamkeit des "Bild" gewordenen Zeichens, das Ding und Abstraktion vereint, sind zwei der zentralen Motive, die von den KünstlerInnen als Ordnungsprinzip, Essenz, Architektur und Körper formuliert werden. 

Das raumgreifende Mobile „zentrum (lynne)“, 2011 von Dorit Margreiter stellt den Eigennamen als institutionelle, bewegliche Architektur ins Blickfeld der BetrachterInnen. Ausgangspunkt der Arbeit ist die Leipziger Leuchtschrift „Brühlzentrum“, mit der sich Margreiter 2006 als Stipendiatin des Blinky Palermo Stipendiums erstmals in einer Ausstellung in der Galerie für zeitgenössische Kunst Leipzig auseinandersetzte. Die abstrahierte Typografie formt das Wort „Lynne“ – den Namen einer Kuratorin – als ein „Bild“, das Plastiken von Alexander Calder aber auch Moholy-Nagy in Erinnerung ruft, zugleich aber auch den Einsatz von Schrift im Kontext von Corporate Identity zitiert. Der Buchstabe als Portrait taucht ebenfalls in den Arbeiten von Henrik Olesen auf: die Serie von Drucken (Portraits / Alphabet, 2008/2011) basiert auf der Vorstellung, dass körperliche Hierarchien und Machtverhältnisse in der Sprache selbst angelegt sind, dass Körper durch Sprache entworfen werden. Die Collagen fungieren als Portraits unterschiedlicher Körperteile – „head“, „knee“, „foot“ oder „penis“ –, wobei die zugrunde liegende Handschrift den Maschinenportraits Francis Picabias entnommen wurde, in denen er Freunde wie Guillaume Apollinaire oder Tristan Tzara portraitierte. Die malerisch anmutende Arbeit „REAL“ (1994) von Heimo Zobernig entstand als visuelles Leitmotiv für die Ausstellungsserie „REAL SEX“ (Salzburger Kunstverein, Künstlerhaus Salzburger), „REAL REAL“ (Wiener Secession), „REAL AIDS“ (Grazer Kunstverein) und „REAL TEXT“ (Secession), in der es um Formen sozialer Konditionierung und individueller Artikulation ging. Das von Zobernig für diesen Kontext gewählte Gestaltungsprinzip knüpft an das LOVE Bild von Robert Indiana (1966) an, eine Ikone der Kunstgeschichte und Pop-Kultur, die 1987 von General Idea für eine „Art against Aids“-Kampagne adaptiert wurde. Anna Barham – um ein weiteres Beispiel zu nennen – arbeitet in „Return to Magna Leptis“ mit Anagrammen und verknüpft das dem Griechischen entlehnte Prinzip mit der antiken phönizischen Stadt Leptis Magna (Libyen).

Viele der eingeladenen KünstlerInnen verbindet neben einer Beschäftigung mit Typografie und Grafik-Design auch eine Kultur des Buches. Der Titel der Ausstellung bezieht sich auf 11 Prosatexte von Stéphane Mallarmé, die 1895 in der Revue Blanche erschienen. Er steht aber auch für eine kuratorische Annäherung an das Format der Gruppenausstellung als räumlich angelegte weiße Seite, die der Rezeption nicht ein Thema voranstellt, sondern die Variation, die Dynamik zwischen unterschiedlichen Ausdrucksformen, Nähe- und Distanzverhältnissen artikuliert. Das Motiv ist in diesem Sinne nicht hinzugezogen, sondern formuliert sich aus der Zusammenstellung der Arbeiten. Parallel zu den künstlerischen Zugängen beteiligen sich die Professoren Günter Karl Bose und Markus Dressen mit je einem Beitrag an der Ausstellung.