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Augustustplatz | W. Tübke | Tübkes Malerei

Tübkes Malerei

W. Tuebke - Lebenserinnerungen des Dr. jur. Schulze III (1965)

Werner Tübke sieht sich mit seiner Malerei außerhalb der sogenannten Moderne angesiedelt. Er bekennt sich zum Realismus, hat aber nach eigenen Aussagen zur modernen Realität kein Verhältnis und galt aus diesem Grund lange Zeit als esoterischer Außenseiter und rätselhafter Sonderfall in der Kunstszene. Er bezog mit seiner Kunst zur Zeit der DDR eine Art ästhetische Opposition entgegen der sozialistischen Programmkunst, die - sowohl inhaltlich als auch stilistisch - immer um eine plakative, volksverbundene Erscheinungsweise (angelehnt am Spätexpressionsmus) bemüht zu sein hatte. Der Kunstwissenschaftler Eduard Beaucamp charakterisiert den Malstil Tübkes als eine Art "stilisierenden Historismus", mit dem er "die Kunst bis zur raffinierten Künstlichkeit [...] zelebrierte". (*) Im Leipziger Universitätsbild "Arbeiterklasse und Intelligenz" wird dies beispielsweise durch die "brüderliche Doppelflagge" der DDR und der Sowjetunion am rechten oberen Bildrand offensichtlich. Beide Fahnen erscheinen an einem derartig prägnanten Ort, der auf historischen Gemälden gewöhnlich Platz für religiöse "Embleme" oder Wappen einräumt.

W. Tuebke - Weihnachtsnacht 1524 (1976)

Als seine künstlerischen Einflüsse gibt Tübke die Neue Sachlichkeit (vor allem den Otto Dix der 20er und 30er Jahre), den Surrealismus (hier vor allem Salvator Dali mit seinen szenischen Raumsuggestionen) sowie Giorgio de Chirico und seine metaphysischen Konstruktionen an. Über seine eingehende Beschäftigung mit der Kunst vor 1800 sagt Tübke: "Mir ist die Kunst Tintorettos, Grecos, Veroneses so gegenwärtig, als seien diese Künstler meine Zeitgenossen." (*) Es gehe ihm um die Objektivierung der Kunst, sei es durch die Realität oder durch die Geschichte - ein historisches Kontinuum, das keine gesellschaftlichen Veränderungen, Traditionsbrüche und ästhetischen Fortschritte grundlegend stört. So will er die Themen der Gegenwart in den Anschauungs-, Stil- und Deutungsformen der Geschichte darstellen. Dies macht für ihn die vermittelnde, sinngebende und versöhnende Funktion der Kunst aus - Gegenwart und Geschichte füreinander aufzuschließen, dem "unsicheren Heute" Form und Sinn aus der Geschichte zuzuführen. Über sein eingehendes Studium der Kunstgeschichte will er aus der zeitgenössischen Position aussteigen, in die Fülle der Geschichte, ihrer Formen, Stoffe und Probleme zurückkehren und sie für die Gegenwart und ihre Gesellschaft reaktivieren. Hierfür entwickelt er seine eigenen Metaphern und Allegorien, wie zum Beispiel in diesem Werk: die Bühne als universales Gleichnis, um die zeitgenössische Gesellschaft zu versammeln und zu inszenieren.


Weiteres zu W. Tübke und seinem Werk "Arbeiterklasse und Intelligenz"

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