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René Patzwaldt

Konversation

Abbildung

Weiße Hochhausfassaden am Horizont unter wolkenlosem Himmel hinter Schotter, saftigem Grün und einem Baumstumpf – visuell unaufgeregt wirkt die Videoarbeit »Konversation«. Eine Untertitelung und eine simultan laufende Tonspur lassen uns jedoch für wenige Minuten an einer Begegnung teilhaben, für die dieses Setting Kulisse wie Projektionsfläche ist: Zufällig begegnete René Patzwaldt dem etwa 80-jährigen Olaf am 20. Februar 2013. Patzwaldt verbringt zu diesem Zeitpunkt sein Auslandsemester in Israel. In ungelenkem Deutsch und mit rauer Stimme schildert ihm Olaf seine persönlichen Erinnerungen an antisemitische Verfolgung während der NS-Zeit in Leipzig und Altenburg. René Patzwaldt greift als Fragender immer wieder in den Dialog ein, versucht dabei nicht zu steuern, wohl aber zu verstehen. Es geht um die Mutter. Die Kindheit. Religionszugehörigkeit. Deportation. Konzentrationslager. Stichwörter, die es dem Rezipienten ermöglichen, zwischen den Zeilen zu lesen und sie mittels Rückgriff auf eigene Familiengeschichten und vermitteltes Wissen zu vervollständigen. So zufällig diese Begegnung, so ungeplant auch ihre Dokumentation: Patzwaldt positionierte die ihn begleitende Kamera auf einer Bank zwischen sich und Olaf. In ihrem Rücken ein Militärhistorisches Museum im israelischen Grenzgebiet zum Gazastreifen – vor uns der Blick auf selbigen. Im November 2012 war es hier zuletzt zu einer intensiven militärischen Auseinandersetzung zwischen der radikal-islamischen Hamas und dem israelischen Staat gekommen. Als Betrachter erkennen wir den Ort nicht, stellen vielmehr Vermutungen auf, gleichen mit dem eigenen Bildarchiv ab. Erinnerungen verblassen durch Zeit und Filterung – dies wird durch die Teilhabe am Gespräch auf direkte, in Hinblick auf den gerahmten Bildausschnitt auf subtile Weise deutlich.

Text: Sarah Alberti

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