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Reisebericht 

zum Art Residency Program 

des Centro di Sarro 

von Amalia Kuhlmann 

November 2022 

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I

ch  schreibe  einen  Reisebericht  über  meine  Art 
Residency  Project  Reise  nach  Albanien,  Rom  und 

Amsterdam. Jetzt wo das Flugzeug Verspätung hat ist 
eine  gute  Zeit  den  Bericht  zu  beginnen. An  Gate  17 
gab  es  ein  Video  von  einer  sehr  alten  Frau,  die  sehr 
viel  läuft  und  sagt  man  solle  beginnen  und  nicht 
Wäsche  waschen.  Eine  Nacht  habe  ich  in  Frankfurt 
geschlafen.  Wir  waren  spät  im  Bett,  aber  ich  fühle 
mich  ziemlich  ausgeschlafen,  weil  Reisen  einfach 
aufregend  ist  und  das  macht  mich  wach,  so  dass  ich 
schnell  aus  dem  Bett  komme.  Ja,  Reisen  ist  ein 
bisschen  gruselig,  weil  man  nicht  weiß  was  passiert 
und  deshalb  werde  ich  sehr  ordnungsliebend  beim 
Packen,  Anziehen,  irgendwo  langgehen.  Und  viele 
Mitarbeiterin  am  Flughafen  Frankfurt  haben  mir 
gesagt wie schön ich bin, wirklich schön, weil ich ein 
Juicy Couture Outfit anhabe und das ist mega sexy. So 
sexy  mit  den  Glitzersteinen,  dass  die  Frau  an  der 
Kontrolle meinen Busen und Po berühren musste. Das 
hätte ich mir denken können, und würde ich noch mal 
in den Kleidern fliegen, dann wäre ich eine Perverse. 
Und  worauf  ich  hinaus  will,  ist  mein  Koffer  und 

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meine  Tasche  und  all  meine  Sachen  die  ich  dabei 
habe, auf der Reise, auf der ich ja ganz gut aussehen 
werde. Mit den Hauptstücken habe ich angefangen zu 
packen.  Ein  Rimowa  Koffer,  den  mir  meine  Mama 
zum Geburtstag schenkte, mit Flugzeugmusterung im 
Futter,  das  Muster  bevor  Louis  Vuitton  die  Marke 
übernahm.  Und  in  den  Koffer  kam  mein  DKNY 
Abendkleid aus schwarzen Stoff mit einem eleganten 
Wirbel  auf  dem  Bauch.  Das  Kleid  hatte  uns  Papas 
Freund geschenkt, der auch aus Italien ist und deshalb 
dachte  ich  das  passt  dann  ganz  gut.  Weitere  Sachen, 
die  er  uns  schenkte  und  ich  mitnahm  ist  ein  braunes 
Oberteil  ganz  aus  Spitze,  die  etwas  ledrig  schimmert 
und durchsichtigen Stoff an Dekolleté, Schultern und 
Armen  und  eine  Perlmutt  Haarspange  in  der  Form 
eines  Dackels.  Besonders  an  Flughäfen  denkt  man 
gerne an Dinge. Sagen wir ich habe 24 Dinge mit mir 
dann  werden  diese  zu  meinem  Alphabet  und  aus 
meinem  Besitz  wird  meine  Sprache  zwischen  den 
Welten.  Und  deshalb  ist  shoppen  so  beliebt  am 
Flughafen. Ich habe natürlich auch meine Kunst dabei 
für  „Pack  an  Go“.  Meinen  Laptop,  MacOS  Catalina, 
mit  dem  Film  „drei  Ansichten  auf  eine  Simulation“. 
Und  ein  paar  Requisiten,  als  kleine  Fetisch-Objekte. 
Ein  Beton  Abdruck  von  einem  Teil  von  dem 

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Plastikgefäß,  das  mehrere  Blumenkästen  halten 
könnte, wäre er nicht als Baukasten und Hauptrolle in 
meinen  Film  eingegangen.  Nur  die  Zeit  weiß  wie, 
denn  die  Kunst  geht  seltsame Wege.  Und  ein  kleines 
handgebundenes  Heft,  die  Broschüre  zu  eben  dem 
Baukasten  und  noch  eine  Plastiktüte  voller 
puppenhausähnlicher Gegenstände.  

W

ährend  der  Aufzählung  all  der  Sachen  sind 

schon  drei  zwei  Tage  vergangen  und  ich  flog 

nach Albanien und wieder weg nach Rom, als würde 
ich nach einem Ausflug dort zurück kehren. Und es ist 
mein zweites Mal in Rom. ich war hier schonmal als 
ich sieben oder so war. Es ist seltsam, wenn man nach 
längerer  Zeit,  genannten  zwei  bis  drei Tagen,  an  den 
Text zurück geht und soviel schon passiert, ja, man ein 
anderer Mensch geworden ist. Zunächst einmal kamen 
wir  nach  drei  Stunden  Flugzeug  in  Tiarana  an  und 
nach drei Stunden Auto in der italienischen Botschaft 
in  Vlora,  was  südlich  von  Albanien  am  Meer  liegt. 
Das  war  schon  überraschend  nochmal  das  Meer 
zusehen,  nach  dem  Sommer,  und  erst  gefühlt  oder 
echte  zwei  Wochen  nachdem  man  erfahren  hat,  dass 
man  nach  Rom  reisen  würde,  weil  man  unverhofft 

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gewonnen hat, die Welt mit seiner Kunst zu besteigen, 
oder  so,  sieht  man  jetzt  das  Meer  von  der  Terrasse 
einer Botschaft aus. Ich war schon direkt, und Svenja 
für  ihren  Teil  auch,  dem  Verdacht  verfallen  die 
Ausschreibung  sei  recht  komisch,  wenn  sie  mein 
seltsamen  Film  gerne  der  ganzen Welt  zeigen  wollen 
würde.  Ob  wir  uns  selber  und  gegenseitig 
respektierten bei diesen Gedanken… Also kamen wir 
an und ich war sehr unglücklich stinkend. Ich hatte ein 
Juicy  Couture  Outfit,  wie  eine  Bitch  und  einen 
Rimowa Koffer, wie eine Bonze und es regnete leicht 
und  oben  im  achten  Stock  schüttelten  wir  (Svenja, 
Florinda, die wir am Flughafen einsammelten und ich) 
ohne Umwege und ohne Kaffee oder Pause gehabt zu 
haben  so  viele  Hände.  Die  der  weiteren  Residency 
KünstlerInnen, (Mpumelelo, Giampaolo und Veronica, 
die  aber  als  Kuratorin  eingeladen  war)  und  der 
Veranstalterin  und  einer  der  Fotos  macht  vielleicht 
und dicke, fette Botschafter und noch mehr Leute, im 
ersten Moment konnte ich mir keinen Namen merken, 
nicht einmal einen Satz verstehen. Dabei ist doch der 
erste  Moment  des  Aufeinandertreffens  besonders 
wichtig, glaube ich zu lernen. Und wir machen Fotos 
mit  Flaggen  im  Hintergrund.  Später  auf  Instagram 
musste ich feststellen, dass das Foto meine Stimmung 

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ein  bisschen  zu  getreu  eingefangen  hatte.  Ich  gucke 
bleich  und  entsetzt  in  die  untere  rechte  Ecke  des 
Bildes.  Dieser  Blick  wird  sich  wiederholen  im 
Internet,  aber  dazu  später.  Jetzt  am  Montag,  den  17. 
Oktober  bin  ich  das  erste  mal  ausgeschlafen  und 
wieder  in  den  Text  zurückkehrend  in  einer  ganz 
anderen  Verfassung.  Ich  fühle  mich  zum  ersten  mal 
seit  dem  Donnerstag,  an  dem  ich  los  geflogen  bin, 
wirklich  wohl.  Oder  ist  es  Rom?  Ich  lese  das 
„Reisetextbuch  Rom“  mit  Texten  über  Rom  von  vor 
2000  Jahren  bis  jetzt!  Und  deutsche  haben  viel  über 
Rom  und  RömerInnen  zu  sagen.  Ich  wollte  noch  die 
Geschichte  von  Albanien  zu  Ende  führen.  Rom  darf 
warten.  Der  Faden  vom  Anfang  des  Textes  über  die 
„Orgie der Dinge“, wie mein Vater ein Bild benannte, 
auf  der  eine  Messe  Halle  zu  sehen  ist,  was  einem 
Flughafen  wohl  ähnlich  und  dem  Reisen  wohl 
nahestehend  ist,  zumal  es  innerhalb  eines 
Wandelaltars gemalt ist, dass sich auf anderen Seiten 
mit flüchtenden Menschen beschäftigt. Und ja als ich 
in  Albanien  ankam  und  so  fertig  war,  da  half  mir 
nichts  an  all  den  schönen  Dingen,  die  ich  bei  mir 
hatte.  Ich  fühlte  mich  so  entrückt,  wie  auf  den 
Sprachreisen meines 12 jährigen Selbst, dem es recht 
schwerfällt  mit  Leuten  so  zu  interagieren,  dass  sie 

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einen  mögen.  Auf  Reisen  kommt  nicht  meine 
Schokoladenseite zu Tage. Nein, Pack an Go, und als 
ich meinen Koffer, den perfekt gepackten öffnete war 
sie,  Alessandra,  die  Veranstalterin,  augenscheinlich 
nicht  leicht  entsetzt,  das  ich  mein  „Kunstwerk“  den 
Baukasten  nicht  dabei  hatte,  der  nur  die  Kunst  weiß 
warum,  Eingang  in  meinen  Film  aber  nicht  in  mein 
Gepäck  bekam.  Hier  endete  vielleicht  die  Orgie  der 
Dinge,  denn  mein  so  teurer  Koffer  konnte  nicht  den 
Ansprüchen  entsprechen,  die  die  Ferne  ihm  stellte. 
Den Film hatte die Jury womöglich gar nicht gesehen. 
Sie wollten garnicht den komischen Film in der Welt 
rumreichen,  sondern  den  noch  komischeren 
Baukasten,  der  abgesehen  von  einer  kleinen 
eingebauten  Plastiktoilette  mit  Schokodrop  drinnen 
recht  nichts  sagend  ist.  Aber,  wie  ich  sagte,  nur  die 
Kunst  kann  wissen,  wie  ihre  Ausschreibungen 
aufgebaut  sind.  Ich  und  auch  Svenja  konnten  nur 
mutmaßen,  was  es  mit  diesem  seltsamen  Konstrukt 
von  Kultur  Promotion  oder  so  auf  sich  hat.  Ich  bin 
nicht  undankbar  ich  schätze  die  Chance  und  alle 
Angebote  sehr,  die  ich  bekam  und  jetzt  in  Rom 
bekomme,  aber  es  ist  doch  recht  seltsam  alles.  Und, 
wie  unser  Professor  uns  vor  einer  Woche  aufgab, 
denke  ich  darüber  nach,  was  wohl  diese  mysteriösen 

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Umstände bedeuten Künstlerin zu sein, weil ich habe 
mich noch nie so sehr wie eine Künstlerin gefühlt. Ich 
kam  noch  zu  keinem  Schluss  zu  dieser  eher 
rhetorischen  Frage,  aber  werde  sobald  es  so  weit  ist, 
es  in  diesem  Dokument  niederschreiben. Also  fühlte 
ich  mich  sehr  wie  eine  Künstlerin,  denn  wir  haben 
sowohl  am  Samstag,  wie  auch  am  Sonntag  unsere 
Arbeiten  ausgestellt.  Alessandra  war  ebenfalls 
einigermaßen entsetzt als ich meinen, dann doch Film, 
auf meinem MacOS Catalina präsentieren wollte, weil 
sie  sagte,  das  ist  eine  Präsentation  und  das  verstehe 
ich auch. Aber mit einem Blatt Papier auf der Tastatur 
wirkte es doch recht ansehnlich. Und ich dachte, weil 
bei  Medienkunst  würde  man  seine  Medien 
rechtfertigen, es einfach auf dem Gerät zu zeigen auf 
dem  die Arbeit  entstand  und  zudem  im  Kontext  von 
„Pack an Go“, erklärt   sich das doch fast von selbst. 
Ich  mag  ja  auch  die  Wirkung  eines  Schreibtisches 
recht  gerne.  Und  da  wären  wir  beim  Erklären  von 
Arbeiten.  Und  ich  habe  gelernt,  es  passiert  nicht  von 
alleine,  dass  sich  eine  Arbeit  verbal  angenehm  zu 
erfassen  und/oder  zu  kontextualisieren  ist.  Denn  an 
dem  Abend  an  dem  wir  ankamen  aßen  wir  in  dem 
Hotel  in  dem  wir  wohnten,  mit  vier  Sternen,  aber 
wahrlich  nur  nach  albanischen  Standart,  unten  im 

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Restaurant also aßen wir ein Menü und ich nahm die 
Fisch Option und es war einfach ein großer gebratener 
Fisch  ohne  alles,  no  carbs,  ich  glaube  das  ist  paleo 
diet. Und beim Essen sagte ich nichts, weil ich war so 
müde,  dass  ich  wie  gesagt  sehr  unglücklich  wurde. 
Aber sie redeten von den Plänen für morgen, dass wir 
früh  aufstehen  würden  und  unsere  Arbeiten  in  dem 
genannten  Raum  im  achten  Stock  vom  Konsulat  mit 
Meeresblick, aufbauen würden, um noch mal im Hotel 
Mittag zu essen, eine Stunde zu ruhen und zu recht zu 
machen und anschließend um 17 Uhr die Ausstellung 
mit  einem  YouTube  Livestream  und  Reden  aller 
anwesenden  Beteiligten  zu  eröffnen.  Das  macht 
natürlich  sehr  nervös,  aber  sie  meinten  wir  sollen 
nicht  groß  darüber  nachdenken  und  einfach 
authentisch sein. Kann ich annehmen, zu mal eh keine 
Zeit ist nachzudenken. Und um 16:45 war ich da und 
auch  schon  ein  paar  Gäste  und  ich  habe  den  Laptop 
aufgestellt  und  noch  mal  mit  meinem  süßen 
Mikrofaser  Tuch  mit  asiatisch  anmutenden  Muster 
sauber  gemacht.  Und  als  der  Stream  losging  merkte 
ich,  dass  ich  einging  vor  Aufregung  und  ich  dachte 
noch es ging, weil mein Kopf war voll mit Dingen, die 
ich  sagen  könnte.  Und  das  war  dann  das  Problem, 
wenn  du  auf  englisch  das  erste  mal  in  ein  Mikrofon 

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redest und kein Plan hast, was für zehn Dinge du auf 
einmal sagen willst, mit einer Übersetzerin neben dir, 
die dich noch weniger versteht, als du es für möglich 
gehalten  hast.  Und  hier  ist  das  zweite  mal  der  bleich 
entsetzte  Blick,  diesmal  in  die  linke  untere  Ecke  des 
Bildschirmes starrend, im Internet zu finden. Ich habe 
es bis jetzt noch nicht angeguckt. Und eine Hand lag 
auf  dem  Herzen,  das  aufgeregt  raste  und  abhauen 
wollte,  bis  ein  Mann  in  der  vorderen  Reihe  meinen 
Schmerz  verstand  und  klatschte,  und  alle  klatschten 
ganz  nett  und  ich  rannte  halb  den  Mittelgang  zu 
meinem Platz zurück. Die Aufregung hielt den Abend 
noch  an  und  ich  fand  die  Situation  nur  halb  so 
schlimm,  wie  Svenja,  glaub  ich,  dachte,  die  nicht  zu 
gab  das  es  extrem  weird  war.  Aber  ich  fand  es  im 
ersten  Moment  recht  lustig.  Abends  in  der  einzigen 
Bar  in  Vlore,  wo  junge  Leute  hingehen,  wie  uns  ein 
paar junge italienische NGOs sagten, sagte eben eine 
dieser  jungen  italienischen  NGOs,  sie  hätte  meine 
Rede ganz gut verstanden und fand sie auch ganz gut, 
das  war  ganz  nett.  Ich  war  noch  nie  in  einem  so 
wirtschaftlich  schwachen  Land,  wie Albanien.  Es  ist 
angenehm günstig, wenn man so eine Penny Zählerin 
ist  und  die  Botschaft  war  erstaunlich  großzügig.  So 
waren wir am nächsten Tag in Berat in der Mitte von 

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Albanien,  nicht  am  Meer  aber  in  den  Bergen.  Wir 
waren mal wieder früh auf, um um acht Uhr in einem 
weiteren Jeep loszufahren. Und die Botschaft lud uns 
recht  großzügig  im  „Castel  Park“  zu  einer  riesigen 
Tafel  original  albanischer  Küche  ein,  nachdem  wir 
unten  in  der  Stadt  in  einer  recht  original  albanischen 
Galerie  ausgestellt  hatten.  Die  Wände  dort  waren 
unordentlich  grau  gestrichen  und  voller  Löcher  von 
Nägeln. Es sah so aus, als ob es manchmal überflutet 
wird und ein paar Tage unter Wasser steht, aber das ist 
einfach  manchmal  dieser  mediterrane  Look,  wie  das 
Ferien Haus in Sizilien, in dem ich mit meiner Familie 
war,  das  in  einem  trockengelegten  See  unterm  Ätna 
lag  und  für  uns  überraschender  Weise  eines  Nachts 
komplett  geflutet  war.  Man  weiß  nie,  was  einem 
passieren wird. Der Vize Konsul war aus Sizilien und 
als  ich  ihm  sagte,  dass  ich  mal  dort  war  erzählte  ich 
diese Geschichte nicht. Der Freund von meinem Papa, 
der  jetzt  in  Mailand  wohnt,  sagte  das  nenne  man  in 
Italien „bella figura“, wenn man halt so redet, dass das 
Gegenüber  nicht  Verlegenheit  gebracht  wird.  Un  der 
Vize  hatte  immer  ein  Anzug  an  und  war  am  aller 
d i c k s t e n .  M i t  k l e i n e r  S o n n e n b r i l l e  u n d 
gestikulierenden  Händen,  war  er  mehr  ein  Sizilianer 
als ich sie in Sizilien sah. Er war sehr nett zu mir und 

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sagte  wir  seien  die  Schöne  und  das  Biest,  auf  der 
Ausstellung unten in der Stadt. Für mich funktionierte 
der hässliche Raum ganz gut. Meine Arbeit hatte kein 
Meer als Hintergrund, aber ich hatte sie auf mehreren 
Ausstellungssäulen  verteilt,  und  Gianpaolo  sagte 
meine  Installation  funktioniere  am  besten  heute, 
besser  als  gestern,  ich  sagte  „development“,  was  ich 
auch  manchmal  in  meiner  komischen  Rede  gesagt 
hatte.  Bei  dem  Essen  im  „Castel  Park“  saß  ich 
gegenüber  Giampaolo  und  wir  saßen  neben  einem 
Albaner  aus  dem  Ort  der  am  Kopfenden  saß  und 
sagte, das Schloss und die zwei Berge rechts und links 
davon,  haben  eine  Geschichte,  die  er  erzählen  und 
Veronica  ins  Englische  übersetzen  würde.  Ich  sagte 
nichts  und  aß  nur,  weil  ich  war  mal  wieder  zum 
sterben  fertig.  Aber  ich  hörte  die  Geschichte  sehr 
gerne. Der eine Berg hieß sowas, wie Tomorrow und 
hatte  den  anderen  Berg,  seinen  kleinen  Bruder  in 
Scheiben  geschnitten,  weil  sie  beide  in  das  Mädchen 
verliebt waren, das war das Schloss in der Mitte. Und 
der  Berg  wachte  auf  und  merkte  er  sei  in  Scheiben 
geschnitten.  Das  machte  ihn  wütend  und  er  nahm 
einen Stock und stach damit in „Tomorrow“, weshalb 
er  so  viele  Höhlen  hat,  die  man  aber  nicht  so  schön 
aus  der  Ferne  sieht,  wie  die  Scheiben.  Und  das 

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Mädchen, das ein Schloss ist, weinte, darüber das sich 
die beiden Berge, die Brüder sind, umgebracht haben, 
so  sehr  das  der  Fluss  entstand  der  durch  die  Stadt 
floss.  Wir  waren  auch  bei  diesem  Mann,  der  die 
Geschichte  erzählte  zu  Hause,  denn  er  wohnte  in 
diesem  UNESCO  Kultur  Erbe  von  Berat,  die 
historische  Bebauung  des  kleinen  Schlossberges,  und 
seine Mutter und Oma, oder auch nur seine Oma. Es 
war  sehr  klein  das  alte  Haus,  das  mit  den  anderen 
Häusern  von  ganz  schmalen  Gassen  und  kleinen 
Gärten getrennt, am Hang klebte. Und wir waren dort 
mit  den  Konsulaten,  weil  die  italienischen  Soldaten 
dort  im  kleinen  Haus  die  Wände  mit  Landschaften 
und  Säulen  bemalten,  als  die  anwesende  Oma  ihnen 
eine  Herberge  bot  im  zweiten  Weltkrieg.  Von  Oben 
vom  Berg  blickten  wir  später  noch  einmal  runter  auf 
die Stadt und die UNESCO Häuser am Berg klebend 
und mir war der Eindruck echt zu viel, vor allem die 
zwei Brüder, die da riesig tot da lagen schon so lange, 
denn ich konnte die Eindrücke nicht mehr verarbeiten. 
Der  eine  Berg,  der  große  Bruder,  hatte  immer  eine 
kleine  Wolke  auf  dem  Kopf  kleben  und  das  will  ich 
mir  einprägen,  weil  das  ja  eine  Berührung  von 
Himmel  und  Erde  ist. Auf  der  Fahrt  nach  Hause  saß 
ich mit Svenja vorne auf dem doppelten Beifahrersitz 

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und  wir  guckten  durch  die  Windschutzscheibe  den 
Sonnenuntergang  und  die  albanische  Landschaft  an, 
die  immer  gespickt  ist  mit  neuen,  aber  nicht  fertig 
gebauten  flachen  Ferienhäusern  und  meinten  das 
ganze  sei  wie  GTA.  Die  ständig  wechselnden  Autos 
bei denen schon der Motor läuft und das Radio immer 
Musik  spielt,  die  endlosen  Fahrten  durch  seltsame 
Hügel und die flachen unechten Häuser mit mal einer 
Palme, bis man auf der Strand Promenade einläuft und 
immer zu an den selben Orten landet. Wir sind Abends 
nochmal spazieren gegangen, weil nachts sind wir um 
zwei  Uhr  los  zum  Flughafen.  Ich  bin  jetzt  beruhigt, 
weil  ich  habe  das  Gefühl  ich  habe  die  meisten 
Erfahrungen  in  den  zwei  Tagen  Albanien 
aufgeschrieben  und  kann  mich  nun  Rom  widmen. 
Dem  Antiken,  Neu-Zeitlichem  und  dem  Heutigen. 
Denn  am  zweiten  Abend  in  Rom  kann  man  sich 
diesem  widmen.  Unser  Hostel,  so  viel  zum  heutigen 
Rom,  heißt  Comic  Hostel,  oder  ähnlich,  es  hat  nicht 
nur  einen  mit  Comicfiguren  gespickte  und  mit  Play 
Station ausgestatteten Eingang, das Zimmer zu sechst, 
aber  wir  sind  nur  fünf,  zum  Glück,  weil  die  zwei 
Badezimmer  stellten  sich  als  eines  heraus,  mit  zwei 
Duschen die keine Trennwand haben, das Zimmer zu 
fünft  ist  im  Thema  Mario  Bros  geschmückt,  was  ich 

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als  Kind  sehr  mochte,  aber  alle  finden  es  nicht 
unserem Alter und künstlerischen Reifegrad angepasst 
und es stellte sich heraus, dass die alten Gewinner des 
ARP  das  Hostel  so  toll  fanden,  das  Alessandra  es 
wieder buchte, wie Florinda in diesem Moment noch 
einmal erzählte. Wir überlegen, wie teuer es wohl war, 
Höchstpreis 40€ das Bett, weil wir Leben in Zentraler 
Lage  auf  der  Julius  Cäsar  Straße,  nah  am  Tiber,  im 
Familienchat hätte ich fast Theben geschrieben, das ist 
nicht  einmal  ein  bekannter  Fluss.  Wir  waren  diesen 
Montag  Abend,  nach  dem  ersten  Mal  im  Centro  di 
Luigi  di  Sarro  essen.  Für  25€  ein  Menü  und  das 
Trinken war recht billig, weil sie die hälfte vom Wein 
vergaßen auf der Rechnung, 27,50 pro Person. Davor 
war  auch  einiges  passiert,  aber  jetzt  nach  dem  Wein 
fällt es mir schwer zu schreiben, und wir sind so viele 
im Zimmer ich sollte leise Tippen, aber Mpumelelo ist 
immer am lautesten, weil er Instagram Posts mit Ton 
anguckt, und ich frage mich, ob mein Detail liebender 
Reisebericht  so  in  den  Zeitplan  passt.  Und  ob  ich 
einfach  ein  bisschen  zu  detailliebend  in  jedem  Sinne 
bin.  Wenn  ich  was  erzähle,  es  schnell  spleenig  wird 
und meine Kunst auch ein bisschen überladen ist und 
vor  allem  meine  Erzählungen  und  Erklärungen  noch 
mehr  Fakten  und  Ungenauigkeit  reinbringen.  Weil 

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manchmal ist man unordentlich, und auf Reisen ist es 
das  oberste  Gebot,  vor  allem,  wenn  man  sich  ein 
Zimmer zu so vielen teilt sehr ordentlich zu sein. Also 
überlege  ich  ab  jetzt  von  Tag  zu  Tag  einen  neuen 
Absatz  zu  verwenden,  denn  nun  bin  ich  wieder  eine 
andere an einem Dienstag weiterschreibend. 

U

nd  sehr  ordentliche  Themen  standen  heute  im 

Programm an, wir haben jeden Tag ein Programm 

Punkt im Centro Di Sarro, also am Sonntag hatten wir 
keinen,  da  sind  wir  um  acht  vielleicht  in  Rom 
angekommen  und  alles  war  bestimmt  schon  viel 
römischer als in Albanien, weil die Römer sind glaub 
ich  ganz  schick  und  stolz,  mit  der  Nase  oben, 
irgendwie  recht  ruff,  wie  in  allen  Hauptstädten  und 
bestimmt  einfach  sehr  römisch.  Florinda  hatte 
überlegt, ob wir neben dem Gericht wohnen, denn in 
unserer  Gegend  sehen  anscheinend  alle  aus  wie 
Juristen, und ja sie tragen Suites und Pumps und sind 
noch  ruffer,  oder  haben  mir  erst  den  Eindruck 
gegeben, dass es hier so ruff ist, die Stadt der Juristen. 
Also kamen wir in dem komischen Hostel an und alle 
haben  sich  ins  Bett  geschmissen  nach  dem  wir  auf 
einem Platz in der Nähe einen Cappuccino hatten, und 

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ich  hatte  noch  ein  Cornetto  dazu  mit  Schokofüllung, 
das typische italienische Frühstück, wie Veronica uns 
erklärte, die uns auch sagte man sollte in Rom immer 
stark  sein,  sonst  wird  man  nicht  bedient,  aber  auch, 
dass sie fünf Euro die Stunde Mindestlohn haben. Da 
waren wir zwei Stunden, bis unser komisches Zimmer 
fertig  wäre.  Und  nach  Hause  sind  wir  spaziert  durch 
die  schönen  Straßen  mit  schöner  Sonne,  für  meinen 
Teil total orientierungslos. Ich war nicht mal müde als 
sie  sich  ins  Bett  schmißen,  aber  das  war  ganz  gut, 
denn  ich  hatte  das  erste  Mal  Zeit  für  mich  auf  dem 
Balkon  zur  Straße,  der  ist  sehr  schmal  und  ich  aß 
einen  Granatapfel,  den  ich  vorher  im  Supermarkt 
kaufte,  in  dem  ich  mit  Svenja  war,  aber  ich  aß  ihn 
nicht, weil er war viel zu sauer, aber ich las in meinem 
Buch,  die  ersten  Seiten  über  die  Ankunft  in  Rom, 
geschrieben  von  verschiedenen  Geistigen  und 
Intellektuellen.  Eine  gute  Zeit  mal  wieder  alleine  zu 
sein und ich schlich mich raus durch die Schlafenden 
in den Stockbetten um zwei Uhr Mittags und machte 
einen leicht irritierten Spaziergang, denn mein Handy, 
das  einen  kaputten  Akku  hat,  ging  aus  als  ich  das 
Haus  verließ,  und  auch  ich  war  ein  bisschen  kaputt 
und  unsicher,  wer  ich  bin  in  dieser  fremden  statt, 
außer ein Fremdkörper, aber auch auf allen Orten der 

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Welt. Also  aß  ich  ein  Tramezzini  mit  Thunfisch  und 
Tomate  in  Frischhaltefolie  gewickelt  in  einem  Park, 
der sich auch über einen kleinen Berg erstreckte, aber 
dazu  fand  ich  keinen  Zugang,  also  saß  ich  recht  am 
Eingang,  neben  einem  Haus  im  Grünen  auf  einer 
Bank. Ich genieße die Bäume, die Oben so flach sind, 
deren  Stamm  sich  aber  albern  hoch  in  die  Höhe 
streckt, sehr schön und es erinnert an die Malerei der 
Renaissance,  aber  dann  merkte  ich  die  Tigermücken 
auf  meinen  Händen  und  stand  mich  sehr  bewegend 
auf, um weiter zu gehen, denn mit den Mücken hatte 
ich  schon  im  Hotelzimmer  in  Vlore  genügend  Er-
fahrung gemacht und meine Hände und Beine sind bis 
jetzt  übersäht  mit  ihren  Stichen,  die  Wände  in  Vlore 
mit  ihren  Körpern.  Kam  ich  nach  Hause  aß  ich  was 
und  schlief  für  zwei  Stunden  oder  kaufte  ich  danach 
was  ein  und  aß  erst  dann,  ich  weiß  es  nicht  mehr  so 
genau. Aber abends habe ich mit Svenja ein ChinOtto 
auf  dem  Balkon  getrunken,  das  war  sehr  schön.  Und 
der nächste morgen am Montag, da habe ich bis zehn 
geschlafen  und  es  war  das  erste  Mal  ausgeschlafen 
sein  und  das  war  auch  sehr  schön,  bis  zehn  habe  ich 
geschlafen  und  dann  unten  im  Kaffee  wieder  ein 
italienisches  Frühstück  gehabt,  für  nur  drei  Euro, 
krass günstig. Und ein bisschen spaziert habe ich wohl 

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auch  nochmal,  aber  ich  kann  über  diesen  Zeitpunkt 
und auch jetzt noch nicht so richtig sagen, was es mit 
Rom auf sich hat, weil es ist ja nicht leicht darauf zu 
kommen, eine Gegend zu erfassen mit ihren Fassetten 
von Geschichte und sozialen Netzwerken, dafür muss 
man sehr ordentlich sein, wie wir heute am Dienstag 
im  Centro  lernten,  bei  dem  ordentlichen  Programm 
Punkt  über  Site  Specific  Art,  in  besonderer 
Verbindung  mit  dem  antiken  Rom  und  archäo-
logischen  Orten.  Ich  lerne  hier  viel  über  italienische 
KünstlerInnen,  denn  auch  gestern  nach  meinem  eben 
genannten Spaziergang hatten wir, und das war unser 
erstes  Treffen  im  Centro,  einen  Vortrag  von  einer 
Kunsthistorikerin  über  Contemporary Art.  Wir  haben 
gelernt das Kunst Gefühle auslöst. Nein, es war ganz 
interessant  und  ich  habe  die  ordentlichsten  Notizen 
meines  Lebens.  Ich  werde  weniger  nervös  und  bin 
langsam  gewohnt,  dass  Alessandra  alle  treffen  mit 
ihrem  Handy  filmt,  reisen  stärkt  das  Selbstbewusst-
sein  bestimmt.  Gestern  waren  wir  auch  in  der 
Nationalgalerie, es war sehr laut, weil alle hier reden 
natürlich  sehr  laut  und  viel  miteinander,  auf  einer 
Eröffnung  im  Museum,  und  eine  Taube  war  in  den 
Eingangsbereich  geflogen,  mit  einer  Traube  von 
Menschen  um  sich  und  ein  Mann,  der  versuchte 

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vergeblich  sie  vorsichtig  zu  fangen,  wie  eine  Künst-
lerin. Abseits  von  der  Eröffnung  sahen  wir  auch  die 
„Fountain“  und  ich  fragte,  ob  sie  ein  Unikat  ist  oder 
überall  steht.  Und  nach  einem  Abstecher  ins  Hostel 
gingen  wir  das  Menu  essen  für  25€  und  den 
unglaublich  günstigen  Getränken,  wovon  ich  schon 
erzählte. Aber  Site  Specific  passt  spezifisch  gut,  das 
sehr  konkrete  Thema  mit  dem  Dialog  in  die Antike, 
wenn  man  als  Künstlerin  nach  Rom  kommt.  Die 
Dozentin war nicht sonderlich interessiert an unseren 
Arbeiten, als wir sie später zeigten, weil wir sind vom 
Programm  her  eben  nicht  Site  Specific  sondern  Site 
los. Aber auch nicht zeitlos. Denn wir machten danach 
einen  Spaziergang  durch  die  alte,  alte  Innenstadt 
voller  Touristen  und  ohne  Gesellschaft,  mehr  ein 
Erlebnis Park und wegen dem Vortrag frage ich mich, 
wie Past und Present sich berühren und ausschließen, 
dass  Rom  reich  und  gebeutelt  von  seinen  kulturellen 
Bodenschätzen  zu  viel  Zeit  in  sich  hat  und  die  Zeit 
bleibt stehen an manchen Orten. Die sind sehr schön 
und  ich  hätte  gerne  mit  meinem  Vater  dort  in  alten 
Zeiten  zu  schwelgen  Muße  gehabt,  aber  wir  sind 
schnell  unterwegs  und  wieder  im  nächsten  Museum 
für  Contemporary  das  Maxxi.  Ein  sehr  komplizierter 
moderner  Museumsbau  und  obwohl  ich  mich  extra 

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mit der dazu vorgegebenen Playlist auf dem modernen 
zukunftsweisenden  Platz  vorm  Museum  in  die 
Stimmung taumeln ließ, bis Svenja kam die wir vorm 
Tourismus Zentrum auf der Strecke ließen, wurde mir 
von  all  den  Sinneseindrücken  und  schiefen  Wänden 
recht  zeitgenössisch  Schwindelig  als  wir  nach  der 
Kunst  guckten,  doch  das  Erdgeschoss  am  Ende  der 
Tour  konnte  ich  nochmal  recht  gut  genießen.  Die 
Present  in  der  Past  der  alten  Innenstadt  war  schön 
verdeutlicht durch die echten Anwohner der Stadt, die 
die alten und teuren Gemäuer mit geleimter Street-art 
besetzten  und  neben  einer  antiken  Statue  ihre 
politischen Gedichte platzieren, es muss sich dringend 
anfühlen,  ob  der  präsenten  Vergangenheit,  seine 
eigene Lebendigkeit zu beweisen. Wir waren in einem 
zu großen Supermarkt und es ist bekannt, dass man in 
Italien  gute  Lebensmittel  kriegt,  mit  denen  wir  auf 
dem  Balkon  ein  schönes  Abendessen  im  Antipasti 
Style kreierten. Auch wenn es lange dauerte ich kann 
mittlerweile,  aber  auch  nur  einigermaßen,  lässig  mit 
allen reden, glaub ich. Nach der schweren Anfangszeit 
werde  ich  langsam  wieder  ich  selber  und  der  Sturm 
legt  sich  und  hat  vielleicht  auch  ein  bisschen  Staub 
aufgewirbelt,  wie  die  Traveller  immer  hoffen.  Also 
fängt  man  an  über  dieses  und  jenes  und  auch  über 

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tieferes  reden  zu  können.  Da  jetzt  alles  ein  bisschen 
beruhigter  ist  fiel  es  mir  schwer  mich  wieder  an  den 
Reisebericht zu setzen, aber es tut doch gut, denn ich 
werde  nichts  vergessen,  morgen  möchte  ich 
Nachmittags  vielleicht  noch  mal  zu  Einzelheiten 
zurückkehren,  weiter  über  Dinge  in  meinem  Koffer 
schreiben  und  vielleicht  sogar  ein  paar  tiefen 
Gedanken formulieren. 

A

ls ich heute mit Mpumelelo spazieren war, meinte 

er  es  ist  sehr  gut,  dass  ich  meinen  Reisebericht 

schreibe,  jeden  Tag  einen  Satz,  um  sich  zu  erinnern, 
aber  auch  um  sich  zu  verstehen,  und  es  schön  beim 
Zurückkehren  ins  Dokument  sich  immer  weiter 
vorangeschritten zu fühlen. Einerseits geht das Tippen 
natürlich  schneller,  aber  ich  werde  auch  immer 
entspannter und, das vor allem, verstehe ich den Sinn 
meiner Reise immer ein wenig mehr, weil es ist eine 
Reise  und  es  braucht  Zeit  voranzuschreiten  und  sich 
zu  kristallisieren  oder  so.  Die  Frage  was  ist 
Contemporary  schien  mir  in  der  Ausschreibung  so 
einigermaßen sinnlos, bis ich verstehe das die in Rom 
damit  etwas  anderes  meinen,  weil  sie  es  wirklich  in 
Verbindung  also  Real  in  Verbindung  mit  der  antiken 

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Kultur  in  ihrer  Stadt  verstehen,  wie  gestern  im  Site 
Specific  Unterricht  rauskam,  aber  auch  heute  sehr 
greifbar  als  wir  im  Süden  der  Stadt  das  Museum(…
Naachtrag…)  besuchten,  das  sowohl  ein  stillgelegtes 
Gaskraftwerk  aus  der  Industrialisierung,  das  eine 
Menge  an  Steam  Punk  ästhetischen  Maschinen 
beinhaltet,  als  auch  ein  Ausstellungsort  für  Antike 
Statuen ist, die sich in eleganten musealen Reihen an 
den  versifften  Maschinen  entlangzog.  Der  erste 
Eindruck war beeindruckend, aber es wurde auch mit 
der Zeit schwierig zu gucken, weil man immer auf der 
Suche  nach  einer  tollen  Blickachse  war,  die  diese 
zeitlich verschiedenen Elemente elegant verband, und 
man schweifte ein wenig ab, in den Zeiten, bis in die 
Jetzt Zeit, die einem diese Verbindung erst bietet. Also 
die  Tage  bringen  mich  zum  nachdenken,  denn  wir 
treffen  jeden  Morgen  eine  interessante  Frau,  und 
haben  den  Nachmittag  zum  Verdauen.  Heute  trafen 
wir Luana Perilli in ihrer Ausstellung „Wanderlust“ in 
der  Galerie  Apart  direkt  um  die  Ecke  von  dem 
Museum im Süden der Stadt, wo sie uns anschließend 
hinführte.  Ich  kam  nicht  wirklich  aus  dem  Bett,  weil 
ich  die  letzten  Tage  so  herrlich  geschafft  hatte 
Traumtagebuch  zu  schreiben  und  als  ich  heute 
aufwachte konnte ich mich gerade noch so nichtmehr 

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an  meinen  Traum  erinnern,  bis  mir  auffiel,  dass  ich 
eigentlich  noch  am  träumen  war,  da  war  es  zu  spät 
und  wir  mussten  eine  halbe  Stunde  mit  dem  Bus 
fahren und darum schnell raus. Und als wir ankamen 
an der Galerie weiß ich nicht wie beeindruckt ich von 
der  Kunst  der  genannten  heutigen  Lehrerin  war,  die 
auch  Professorin  in  der  römischen  Kunstschule  ist, 
und  in  der  USA  war,  denn  ich  glaube  es  machte  halt 
nicht  so  viel  mit  mir. Aber  als  sie  erzählte  wurde  es 
immer  interessanter,  bis  ich  zum  Schluss  also  am 
Ende in der Fragerunde, ich habe keine Frage gestellt, 
ganz hingerissen war von der Welt, die sie zeigte, die 
doch auch was chaotisch gemütliches hat, halt so wie 
ich  mich  wohl  fühle.  Ja  in  einer  Stadt  fängt  man 
vielleicht  ab  dem  fünften  Tag  an  zu  träumen,  aber 
vielleicht  sollte  ich  ein  Auslandssemester  bei  ihr 
machen. Ich glaube ich war so inspiriert, dass ich nach 
einem  langen  Spaziergang  mit  Mpumelelo  in  der 
südlichen  Gegend  des  Museums  und  Galerie,  direkt 
mein Video umbaute, zu einer interaktiven Website in 
der  man  die  Teile  im  Menu  selber  wählen  kann, 
worauf mich Florinda brachte, als ich gestern mit ihr 
auf  dem  Balkon  saß  und  das  Thema  Video  Kunst 
aufkam. Also jetzt, wo ich wieder am Computer, aber 
auf  dem  Balkon,  sitze  und  davor  sämtliche 

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Unterhosen  und  Socken  mit  Hand  gewaschen  hatte, 
kann  man  diesen  Mittwoch  wohl  war  einen  sehr 
produktiven nennen. Svenja und Florinda meinten, als 
wir an einem Bahnhof in Benutzung vorbeigingen, sie 
hassen Monumente, weil sie sind nicht lebendig, wie 
ein Bahnhof mit echten Menschen, die zur Arbeit oder 
wo  auch  immer  hinfahren. Also  sind  die  Monumente 
irgendwie Tod, aber mumifiziert oder Hirntod, aber an 
Lebenserhaltungsmaschinen. Und Luana fragt, was ist 
ein  Monument,  wenn  man  die  alten  Maschinen  und 
die  alten  Statuen  zusammen  sieht,  was  ist 
Contemporary,  hat  sie  gefragt.  Und  ich  mochte,  dass 
die alten Statuen so aufgelöst, oder fragmentiert, wie 
Giampaolo  über  seine  Motive  sagt,  die  vielleicht 
davon  auch  inspiriert  sind,  das  die  Statuen  sich 
fragmentieren, das sie so sind mochte ich, weil es ist 
der Beweis der langen Vergangenheit und ich will die 
Statuen  garnicht  mehr  wie  als  Kind  in  ihrer  vollen 
Gänze und jungen Blüte sehen, sondern kann die Zeit, 
die Teil des Gegenstands wurde ihren bis vor kurzem 
gestoppten  Verfall  mitgenießen,  weil  sie  sind  eine 
Geschichte,  die  zu  vielen  Zeiten  anders  klang.  Ich 
mag von meiner Familie aus Monumente, glaube ich, 
aber  es  gibt  viele  Wege  sie  wahrzunehmen  und  das 
kann  man  vertiefen.  Und  meine  Familie  mag 

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Mythologie und auf dieser Reise fiel mir auf, wie viel 
Gänsehaut  eine  mythologische  Geschichte  einem 
macht,  denn  heute  erzählte  die  Künstlerin  auch  eine 
mythologische Geschichte, über eine Frau die musste 
ein  Pferd  heiraten,  denn  die  Frau  hatte  versprochen, 
denjenigen  zu  heiraten,  der  ihren  Vater  zurückbringt. 
Aber der Vater war entsetzt und in der Nacht tötete er 
das Pferd und häutete es. Als die Tochter am nächsten 
Morgen  im  Brautgewand  kam  und  die  Pferdehaut 
beim  Trocknen  auf  dem  Boden  liegen  sah,  war  sie 
erleichtert  und  trat  es  beiseite,  daraufhin  flog  dies 
hoch  und  wickelte  sich  um  sie  und  so  wurde  sie  die 
erste Seidenraupe. Macht das Sinn, ich weiß es nicht, 
warum  es  einen  berührt,  wenn  es  sich  so  sinnlos 
anhört.  Ich  weiß  immer  noch  nicht,  ob  ich  was  über 
Rom zu sagen habe, oder ob es überhaupt ratsam ist, 
dies  zu  tun. Aber  wir  sind  heute  mit  dem  Bus  durch 
eine gewaltige Menge alter Innenstadt gefahren, voller 
Monumente  oder  fragmentierter  Säulen,  die  teilweise 
in  alten,  aber  einst  neuen,  Gebäuden  eingebunden 
sind, eine Riesen Treppe, vielleicht die spanische und 
allgemein gewaltigen Häusern, bei denen man ab und 
zu  durch  den  großen  Torbogen  in  den  Innenhof 
Sphinxen  kann,  der  meist  von  ein  paar  Pflanzen 
geschmückt  wird.  Aber  der  südliche  Teil,  wo  wir 

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heute  waren  ist  weder  touristisch  noch  alt,  sondern 
eher mit Wohnblöcken aus den 70ern und verlassenen 
Firmen aus da vorigen Zeiten, aber doch vom Stil so 
römisch,  wie  die  renaissancene  Innenstadt. 
Lebendiges  Rom.  In  Rom  sitzt  auch  die  italienische 
Regierung, und ich glaube sie haben erst vor ein  paar 
Monaten  sich  etwas  Rechtes  heran  gewählt,  aber  ich 
weiß nicht viel über italienische Politik. 

I

ch  war  mit  Svenja  draußen,  sie  um  zu  shoppen,  in 
den Ständen, die man auf der Straße findet und ich, 

um  mir  mein  tägliches  Frühstück  von  Gebäck,  heute 
Croissant,  und  Cappuccino  zu  holen,  obwohl  ich  vor 
dem  Laden  zögerte,  der  an  der  Ecke  der  Straße  mit 
den  Ständen  lag,  weil  er  doch  sehr  teuer  aussah, 
kostete mein Menu nur 1,90, als ich dann zurück ging, 
um es doch zu kaufen. Ich muss die letzten Tage doch 
anfangen  auf  mein  Geld  zu  achten,  denn  es 
verschwindet  beim  Reisen  doch  oft  durch  viele 
Lücken  und  Ritzen,  aber  auf  das  günstige  Frühstück, 
werde  ich  nicht  verzichten,  aber  vielleicht  mal  auf 
eine  kleine  Cola  für  3,50  oder  ein  0,33  Bier  für  7 
Euro.  Da  die  Preise  meistens  nirgendwo  ersichtlich 
sind,  oder  wenn  sind  sie  immer  doppelt  stehend,  für 

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drinnen  und  draussen,  weiß  man  nie,  was  einen 
erwartet, und es kann sehr günstig und sehr teuer sein, 
als  hätten  sie  ein  paar  Fallen  für  Ahnungslose 
aufgestellt,  aber  wenn  du  hier  wohnst  und  dich 
auskennst,  kommst  du  doch  zu  recht.  Aber  Svenja 
habe ich verloren, denn sie wollte allein sein, und bog 
an  einer  anderen  Stelle  ab,  als  ich,  die  sich  um  die 
Ecke  der  Marktstraße  an  einen  alten  großen 
viereckigen  Brunnen  setzte  in  der  Mitte  eines 
Kreisverkehrs  und  dort  sitzend  ihr  Croissant  aß, 
beschloss  nach  Hause  zu  gehen  und  die  letzten 
Geschehnisse nieder zu schreiben, seit ich vorgestern 
Nachmittag  das  letzte  mal  schrieb,  und  jetzt  ist 
Freitag,  unser  letzter  Tag  mit  einem  Workshop 
Lecture, jemand aus den USA über Zoom, und wegen 
der  Zeitverschiebung  erst  um  17  Uhr  also  haben  wir 
diesen  Vormittag  frei  zum  schlendern  und  schreiben 
zum Beispiel oder, wie wir planen, um ins Museum zu 
gehen.  nachdem  ich  Vorgestern  meinen  Bericht 
genüge  getan  hatte,  fand  ich  mich  in  meinem 
Minirock doch sehr bereit einmal rauszugehen und ein 
Bier zu trinken, ein Stück Pizza zu essen und es fand 
sich,  dass  Svenja  in  ungefähr  der  Zeit  den  Beschluss 
fasste nach Hause zu kommen von ihrem Ausflug zum 
Strand  und  so  taten  wir  zusammen  eben  jenes. 

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Draußen  saßen  wir  auf  einer  Bank  und  führten  recht 
angenehm  tiefgründige  Gespräche  über  Kunst,  denn 
wir haben jeden Tag Unterricht und Zeit zu verdauen 
und  noch  ein  Museum,  um  gelerntes  im  Kopf 
anzuwenden, und das regt doch sehr den Kopf an und 
ich möchte mich gerne viel und gut austauschen. Wir 
redeten  über  unsere  Gefühle  und  Wünsche  zu  Kunst 
und  ihrer  Welt,  wie  wir  partizipieren  und  gestalten 
wollen,  aber  manchmal  wird  es  einem  beim  Reden 
mal  zu  kompliziert,  dann  wird  mir  heiß  und  nervös 
und  ich  muss  den  Satz  beenden,  vielleicht  an  einer 
anderen Stelle ansetzen, es war schon dunkel und das 
fand  ich  angenehm. Am Tag  darauf,  also  heute  ist  es 
gestern,  fand  sich  nach  langer  Zeit  die  Gelegenheit 
mit der Gruppe ganz ohne Workshop, sondern nur wir 
Jungen  bei  einer  Flasche  Wein  ein  Gespräch  über 
unsere Arbeiten  zu  führen,  Ideen  zur Ausstellung  zu 
konzipieren  und  manche  Pläne  als  Skizzen 
festzuhalten, und was ein Spaß, so produktiv in einer 
Gruppe  zu  sein.  Svenja  war  krank  geworden,  als  wir 
abends draussen ein Bier zu uns nahmen, weshalb ich 
sie  soeben  auf  dem  Markt  verlor  und  nun  in  ihrem 
Bett  über  mir  finde,  und  sie  war  gestern  nur  halb 
anwesend,  und  Mpumelelo  war  im  Hostel,  um  zu 
arbeiten, aber wir restlichen vier diskutierten heiß. Ich 

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habe  ja  lange  gebraucht,  um  mein  Selbstbewusstsein 
in der Fremde und einer Gruppe zu finden, doch man 
findet immer mehr und gestern ging ich einen Schritt 
aus  mir  heraus,  als  ich  nach  dem  Vortrag  der 
Künstlerin  (…Nachtrag…),  nachdem  wir  noch  zu 
Mittag  essen  waren,  ich  hatte  ein  Tramezzini  mit 
Shrimps,  in  der  Konsultationsrunde  mit  ihr  meine 
Arbeit als erste und längste vorstellte, die ja nun auch 
den  interaktiven  Change  hatte,  was  ihr  sehr  gut  tat, 
mich tatsächlich alle verstanden und auf einen grünen 
Zweig mit meinem mixed-media Arbeit kamen, zumal 
auch die Künstlerin, die selber von Performance Art in 
die soziale Arbeit gerutscht war, sie doch in manchen 
Aspekten genoss. Ihr Vortrag folgte dem Faden in den 
Ausdrucksmöglichkeiten zu wählen, je nach dem, was 
man Ausdrücken möchte, und so war es wohl für sie 
so  gekommen,  dass  sie  die  Kommunikation  mit 
Menschen  und  das  initiieren  von  Workshops  als 
Medium  verwendete.  Später  beschwerten  wir  uns, 
dass  jeder  Vortrag  mit  der  Grundfrage  arbeitet  „Was 
ist  Kunst?“,  was  doch  viele  für  unproduktiv  hielten 
und  wir  versuchten  für  uns  herauszufinden,  was  an 
den  großen  Themenfeldern,  die  aufgemacht  wurden, 
für unsere Ausstellung wirklich relevant wäre, bei der 
Flasche Weißwein in einer sizilianischen Bar, und wir 

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redeten  über  das  Centro,  das  einen  bekannten 
italienischen  Künstler  gewidmet  war,  der  der  Onkel 
von Alessandra war, das Non-Profit arbeitet, und Geld 
von  der  Regierung  bekam,  die  gerne  Geld  darein 
investiert  italienische  Kultur  zu  promoten,  aber  mehr 
ins Promoting als in die echten Strukturen steckt, wie 
Florinda  bemerkte,  was  Giampaolo  als  gut  gesagt 
bejahte.  Heute  mit  dem  langen  Vormittag  hatte  ich 
Zeit  mich  besonders  schön  zu  machen  und  ich  trage 
das  blaue  Seidenteil,  das  wie  ein  Mieder  geschnitten 
ist mit dicken weißen Garn und im Dekolleté mit einer 
guten Menge silberner Fakediamanten geschmückt ist 
so  das  mein  Busen  in  der  Sonne  die  Funktion  einer 
Diskokugel erfüllt und ich nahm mir zudem die Zeit, 
ein  volles  Make-Up  mit  Puppen  Effekt  aufzutragen, 
um so bewundert durch die Straßen zu gehen, wo ich 
mich fragte, ob es das Richtige ist zu tun, aber es ist ja 
auch  gleichzeitig  meine  lang  ersehnte  Erfüllung 
meines  Wunsches,  wirklich  gut  auf  dieser  Reise 
auszusehen,  mit  all  den  schönen  Sachen  in  meinem 
Koffer.  Vorgestern  war  ich  ja  mit  Minirock  und 
gestern  recht  lässig  in  weiten  Klamotten,  aber 
trotzdem schön und als wir gestern nach dem Wein in 
der  sizilianischen  Bar,  wir  saßen  draussen  auf 
einfachen  Stühlen  auf  dem  Bürgersteig,  nach  Hause 

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kamen  war  ich  recht  betrunken  und  machte  mir  viel 
essen,  das  ich  vorher  auf  dem  Heimweg  in  einem 
kleinen Supermarkt gekauft hatte, unter anderem Salat 
und Meeresfrüchte. 

D

en  Bericht  zu  schreiben  wird  immer  dringender, 
denn  je  länger  die  Zeit  voranschreitet  desto 

diffuser  wird  meine  Erinnerung  und  Eindrücke,  die 
sich vielleicht nicht mehr so klar herauskristallisieren, 
seit eine gewisse Normalität in die Reise kam. Jetzt ist 
der Sonntag unseres freien Wochenendes in Rom nach 
einer  langen  Woche  von  fünf  Tagen  Unterricht.  Die 
Meinungen,  die  wir  anfingen  mehr  auszutauschen, 
jetzt wo wir mehr Zeit haben, über die Residency und 
ihre  Workshops,  sind  unterschiedlich.  Ich  habe  den 
Unterricht genossen, weil es waren viele inspirierende 
Momente,  die  Stadt  Rom  in  diesem  Kontext  von 
heutiger  Kultur  im  Angesicht  seiner  langlebigen 
Vergangenheit wahrzunehmen. Und alle mochten auch 
die Lectures, aber viele fühlten sich auch in schulische 
Zustände  versetzt,  die  etwas  frontal,  und  dadurch 
etwas  einseitiges  haben,  und  die  Diskussionen  mehr 
zurückstanden, aber da ich noch kein erkanntes Talent 
im Diskutieren habe, und mich einfach gemütlich ins 

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Zuhören lehnen kann, kam mir diese Art entgegen und 
natürlich  vertiefte  ich  diese  Verhältnisse  auch  durch 
meine  Akzeptanz  des  Status.  Aber  in  der  Gruppe, 
wenn wir über die Ausstellung oder politische Themen 
diskutieren,  abends  bei  einem  Snack  und  etwas 
Alkohol,  bin  ich  doch  recht  aktiv.  Ich  merke  nach 
langer Zeit ohne Reisen, wie diese Konfrontation mit 
neuen  Umständen  den  Geist  vertiefen  und  das 
Selbstbewusstsein stärken kann, was bei mir passierte 
und  ich  bin  sehr  froh  darüber,  etwas  von  dieser 
Leichtigkeit,  wenn  sie  überhaupt  einpackbar  ist, 
wieder  nach  Hause  mitzubringen.  Der  letzte 
Unterricht  über  Zoom,  war  wohl  eben  deshalb  auch 
der  frontalste,  außerdem  handelte  es  von  der 
Musealisierung von Performance Art, was interessant, 
aber  kein  Medium  unserer  Gruppe  ist,  aber  sicher 
immer  noch  interessant,  wenn  man  es  als  Symptom 
einer ganzen Bewegung von Institutionalisierung von 
Kritik  betrachtet  und  somit  in  eine  Diskussion  über 
die  Kunstwelt  gerät,  was  Florinda  und  ich  gestern 
morgen,  bei  einem  Cappuccino,  um  die  Ecke 
versuchten,  denn  der  Laden  unter  uns  hat  zu  am 
Wochenende,  und  allgemein  vieles  hat  zu  am 
Wochenende,  außer  die  Supermärkte,  die  sogar  am 
Sonntag  geöffnet  sind.  Ich  hatte  einen  leichten  Kater 

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in  diesem  Kaffee  gestern  morgen,  und  mir  vielen 
Dinge  schneller  aus  der  Hand,  denn  wir  waren 
Freitagabend,  wie  es  sich  gehört  nach  einer  langen 
Woche, ausgegangen. Ich hatte ein Aperitivo, also ein 
Aperol Spritz und ein Holzbrett voller leckerer kleiner 
Snacks,  in  der  Bar  Meccanismo,  in  einem  süßen 
Viertel  beim  Fluss,  das  enge  Gassen  auf 
verschiedenen höhen bietet und über die Brücke direkt 
in die Altstadt führte, wo wir am Dienstag einen Kaffe 
hatten,  es  war  schrecklich  voll  mit  sowas  wie 
italienischen  Ballermann  Touristen  oder  so  ich  habe 
das  nicht  ganz  gecheckt,  und  wir  gingen  nach  dem 
Snack  noch  durch  die  Straßen  und  über  Plätze  und 
passierten  auch  den  Vierströmebrunnen,  ein 
Monumentalbrunnen in der Mitte der Piazza Navona. 
Er  wurde  in  den  Jahren  1648–1651  vom  Bildhauer 
Gian  Lorenzo  Bernini  für  Papst  Innozenz  X. 
geschaffen  und  gilt  als  Meisterwerk  des  Barock,  und 
Giampaolo  erzählte  die  Geschichte,  wie  Bernini 
erfuhr, dass jemand, den er nicht mochte anscheinend 
die  Kirche  neben  dem  Brunnen  bauen  würde,  also 
entschloss  er  sich  eine  Figur  so  zu  kreieren,  die  sich 
mit  gegen  die  Kirche  erhoben  Arm  davor  schützen 
würde das das Bauwerk auf ihn fiel. Jetzt wo man es 
weiß  sieht  man,  was  ein  freche  Geste  das  wohl  war, 

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und  Giampaolo  sagte  Bernini  sei  der  italienischste 
Künstler überhaupt, und ich sagte irritierende Sachen 
über Farbenblindheit, weil ich ihn mit einem anderen 
Bildhauer  verwechselte,  wie  ich  gerade  jetzt 
bemerken  muss.  Ein  Platz  weiter  wurde  ein  Mönch 
oder  so  verbrannt  und  wir  setzten  uns  vor  eine 
Gastronomie mit sehr dreckigen Tischen und ich hatte 
ein  Kraft  Bier. An  dem Abend  schweiften  wir  durch 
allerhand  Gespräche  über  Gesellschaft,  Politik  und 
Kultur  und  das  alles  sehr  erfreulich,  aber  als  wir, 
nachdem  wir  noch  mal  unten  am  Tiber  waren,  der 
tatsächlich sehr schön und sehr unbevölkert war, noch 
einen  Rotwein  in  Plastikbechern  im  Stehen  hatten, 
war ich doch zu betrunken, um mich in dem Gespräch 
über Gott und Wissenschaft zu beteiligen, aber zu dem 
Zeitpunkt,  und  die  kleine  Straße  war  voller  Müll, 
begannen  wir  nach  Hause  zu  gehen,  und  zwar 
mindestens 30 Minuten, aber es fühlte sich garnicht so 
lang  an.  Und  vor  der  Festung,  dem  Panikroom  des 
Papstes,  benutzte  ich  den  Brunnen,  den  sie  Nase 
nennen, die überall aufgestellt sind und wenn man den 
Wasserhahn zuhält kommt das Wasser oben aus einem 
kleinen  Loch  heraus  und  sollte  einem  in  den  Mund 
spritzen, aber es machte auch meine Haare sehr nass, 
weshalb  ich  gestern  mit  süßen  Locken  gesegnet  war, 

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nachdem  ich  betrunken  ins  Bett  fiel. Außerdem  hatte 
ich  den  ganzen Tag  an  Pokrämpfen  gelitten,  was  mir 
auffiel,  als  ich  nach  dem  letzten  Unterricht  und  vor 
dem Aperitivo nochmal alleine ins Hostel die Treppen 
hochging,  denn  das  Diamanten  Shirt  war  ein  wenig 
frisch und ich entschied mich für das braune Shirt aus 
Spitze,  eine  gute  sehr  römische Wahl. Auf  jeden  Fall 
war ich gestern ein wenig fertig, denn ich hatte auch 
nicht  wenig  geraucht,  und  nachdem  ich  mit  Florinda 
draußen  den  Cappuccino  hatte  und  wir  nochmal  in 
einer Drogerie waren, in der ich das Parfum benutzte, 
das  von  Robert  Pattinson  promotet  wird,  trafen  wir 
Svenja  unten,  vor  der  mit  einem  Eisengitter 
geschützten  Haustür  des  Hostels  an  und  wir  beide 
entschieden  uns  schnell  in  alter  Manier  unsere 
Skizzenbücher  zu  nehmen  und  ein  paar  Eindrücke  in 
Testaccio zu sammeln, einem Viertel neben jenem, wo 
die Galerie am Mittwoch war. Dort gibt es auch einen 
Orangengarten auf einem Berg, auf dem wir dann um 
fünf  mit  der  Gruppe  verabredet  waren,  aber  wir 
bestiegen ihn mit einigen Umwegen in die Sackgassen 
des  den  Berg  aufsteigenden  Gemäuers,  bereits  um 
zwei oder so. Von oben hatte ich das erste Mal einen 
Panorama  Blick  über  Rom,  aber  wir  nahmen  uns 
garnicht mal so groß die Zeit ihn zu genießen, sondern 

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gingen  durch  den  Garten  zu  einer  Basilika.  Später 
erklärte  Veronica,  dass  all  diese  Gebäude  zu  einem 
Ritterorden  gehörten  und  wir  kamen  an  einer  Tür 
vorbei,  wo  eine  lange  Schlange  in  großem  Bogen 
stand,  um  durch  ein  Loch  in  dieser  Tür  zu  gucken, 
durch  das  man  die  Kuppel  des  Petersdom  erblicken 
könnte,  was  ich  auch  auf  dem  Bildschirm  eines 
Handys  sah  von  einem  Mann  der  es  gerade 
fotografierte. Mit Svenja war ich aber doch die meiste 
Zeit  unten  und  hatte  ein  Stück  Pizza  und  eine  große 
Flasche Eistee und sie einen Kaffee, und ich zeichnete 
etwas Unbedeutendes, eine Ecke von einem Haus ein 
paar  Baumstämme  zurück  auf  dem  Orangen 
Ritterorden Berg. Es war, zumal wir später am Abend 
am  Piazza  del  Popolo,  den  Berg  zur  Villa  Borghese 
bestiegen,  ein  Tag  voller  Treppenaufstiege  und 
Aussichten, wirklich Wochenende. Also trafen wir uns 
alle  um  sechs  auf  dem  Berg,  aber  Florinda  ging 
wieder,  denn  sie  war  müde  und  wir  fuhren  mit  dem 
Auto wieder runter vom Berg und aßen in einer Kette, 
die  heißt  Trapizzino  und  ist  sehr  beliebt,  ein  paar 
Snacks. Ich hatte zwei Supplìs, römische Reisbällchen 
und  ein  Bier.  Wir  waren  mal  wieder  in  einer 
produktiven  Ausstellungsbesprechung  und  legten 
einiges  fest,  wie  den Titel,  der  auch  sexy  ist,  in-and-

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out.  Veronica  ist  sehr  beflissen  und  hat  eben  schon 
Karte und Konzepttext in die Gruppe geschickt. Nach 
dem  Essen  befolgten  wir  anscheinend  meinen 
Vorschlag  das  Kolosseum  anzugucken.  Und  Svenja 
und ich sprachen uns aus, dass wir mit Vero im Auto 
fahren  würden,  während  die  anderen  zu  Fuß  gingen. 
Wir  folgten  nicht  ganz  dem Weg  den  wir  gekommen 
waren,  bei  dem  wir  die  zweite  alte  Stadtmauer,  von 
einem  Aurel  Kaiser,  durchquert  hatten  an  deren 
Innenseite  direkt  ein  Friedhof  liegt,  mit  einer 
Pyramide,  für  wichtige  Nichtkatholiken,  und  hatten 
Schwierigkeiten  das Auto  wieder  zu  finden,  aber  bei 
der Gelegenheit erzählte Veronica, wie man Carbonara 
macht, was ein Gericht ist das man nicht oft isst, aber 
wenn man so zusammen kommt mit mehreren Leuten, 
dann  bereitet  man  dies  zu,  weil  es  alle  mögen,  wie 
folgt:  Für  jede  Person  ein  Ei,  aber  immer  noch  ein 
Eigelb  oben  drauf.  Nun  tut  man  Speck,  aber  den 
Speck  aus  der  Backe  vom  Schwein,  in  eine  Pfanne 
und  lässt  es  knusprig  werden.  Und  wenn  man  das 
Wasser  kocht  und  die  Nudeln  hinzufügt  vermischt 
man die Eier mit Käse und Pfeffer und macht auch ein 
bisschen  von  dem  Nudelwasser  daran,  weil  der 
Temperaturunterschied zwischen Nudeln und Ei nicht 
allzu  groß  sein  darf,  sonst  wird  es  klumpig.  Und  die 

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fertigen Nudeln tut man in die Pfanne zum Speck, so 
dass  die  Nudeln  den  Geschmack  aufsaugen,  dann 
nimmt man es von der Pfanne und rührt die Ei-Käse-
Mischung  unter.  Dann  sind  wir  Auto  gefahren  und 
Veronica,  die  in  Rom  aufgewachsen  ist,  mag  es 
wirklich  nicht  so  gerne  hier  und  wir  redeten  über 
Hauptstädte,  die  von  Innen  heraus  sterben.  Es  war 
sehr  schön  mit  dem  Auto  am  Kolosseum 
anzukommen, weil man fährt durch die antiken Hügel 
durch,  die  durch  die  Zeit  so  viel  niedriger  geworden 
sind,  teilweise  beleuchtet  und  machmal  ganz  im 
Dunkeln  liegende  Ruinen,  wo  ich  nicht  sagen  kann, 
was beeindruckender ist, bis man einen Triumphbogen 
sieht  und  eine  runde  Straße  der  Rundung  des 
Kolosseums folgend in sein Ziel fährt, was heißt, dass 
man  sehr  lange  einen  Parkplatz  sucht,  den  man  erst 
findet,  wenn  man  jemanden  trifft,  der  gerade  in 
diesem  Moment  die  Parklücke  verlassen  will.  Das 
Kolosseum  ist  schön  bei  Nacht,  mit  all  der 
Beleuchtung,  sieht  es  doch  noch  musealer  aus, 
bemerkte ich, und Vero bemerkte, das sie den Triumph 
Bogen  von  Konstantin,  am  besten  findet.  Er  ist  der 
Kaiser,  der  das  Christentum  einführte,  und  zu  dieser 
Zeit  führten  sie  auch  viele  Kriege,  aber  hatten  nicht 
mehr so viel Geld, wie in vorangegangener Zeit, also 

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ist  dieser  ganze  Triumph  Bogen  nur  aus  echt 
originalen Fundstücken von römischen Gebäuden, die 
im  Krieg  zerstört  wurden  zusammengesetzt,  eine 
Collage  von  vielen  Zeiten,  und  ich  bemerkte  wieder 
rum, dass es doch ein sehr, das Contemporary Thema 
behandelnde Kunstwerk sei, und Vero stimmte mir zu. 
Wir trafen die anderen, die zu Fuß gekommen waren, 
und  zehn  Minuten  vor  uns  das  Ziel  erreicht  hatten, 
also  gingen  wir  zusammen  um  das  Kolosseum,  und 
Veronika  erklärte  mir  die  unterschiedlichen  Säulen, 
der  unterschiedlichen  Etagen,  mit  den  stärksten 
Säulen unten und den feinsten oben. Ionisch, dorisch, 
kyrillisch  oder  so. Wir  standen  da  gar  nicht  so  lange 
an  den  Zaun  gelehnt,  das  alte  Gebäude  betrachtend, 
das  wirklich  sehr  alt  aussieht,  was  ich  schön  finde, 
zerfallen  und  zusammengesetzt,  denn  alle  bewegten 
sich nun Richtung nach Hause, außer Svenja und ich 
denn  wir  hatten  ja  wie  gesagt  noch  unseren  letzten 
Aufstieg  und Ausblick  vor  uns,  also  nahmen  wir  die 
Metro, das erste Mal für mich in Rom, aber es gibt eh 
nur zwei oder drei Linien, das meiste sind Busse, und 
wir  kauften  uns  ein  Ticket  und  quetschten  uns  zu 
zweit  durch  die Absperrung,  wie  sie  sie  auch  in  der 
Metro  in  Paris  haben.  Also  stiegen  wir  beim  Popo 
Platz aus, auf dem die ägyptische Säule steht, was ein 

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bisschen  verrückt  ist,  aber  hier  merkt  man  das  die 
Monumente liebenden Römer sich stark von Ägypten 
beeinflusst, ja in ihrem Erbe stehend betrachtet haben 
müssen,  was  bestimmt  auch  immer  noch  ein  Faktor 
ist,  wenn  es  ja  bis  heute  dort  steht  die  Säule,  oder 
Monolith nennt man es, voller Hieroglyphen. Auf dem 
Weg  nach  oben  haben  wir  beide  hinter  ein  Auto 
gepisst, weil wir mussten sehr dringend und ein paar 
Statuen  gesehen.  Die  Freunde  von  Svenja  waren  so 
ein  wildes  Erasmus  Pack  und  sehr  betrunken,  sie 
gaben uns auch jeweils ein Peroni und wir setzten uns 
zu  ihnen  auf  den  Boden  und  ich  fand  sie  ziemlich 
Punk. Tatsächlich kam ich ganz nett in Gespräche mit 
ihnen, weil es interessierte mich, wie sie das Erasmus 
finden, und ich glaube sie wissen es selber nicht, und 
zudem hatte ich Lust mit Leuten zu reden, auch wenn 
sie  Flunkyball  spielten,  was  ich  niemals  tun  würde, 
weil  das  ist  vulgär.  Sie  gingen  dann  in  einen Techno 
Club,  wo  die  DJ  Person  auch  singt,  und  wollen 
anscheinend  auch  alle  zu  unserer  Ausstellung  am 
Dienstag kommen, und Svenja und ich sind uns recht 
angeregt  unterhaltend  zu  Fuß  nach  Hause  gegangen, 
was  nicht  lange  dauerte  und  wobei  wir  einmal  den 
Fluss  über  eine  hässliche  Brücke  überquerten.  Die 
anderen  waren  noch  wach,  was  gut  war,  denn  ich 

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weckte niemanden und ging noch einmal duschen, um 
mich  nass  ins  Handtuch  zu  wickeln  und  ins  Bett  zu 
legen,  was  sehr  angenehm  war,  nach  all  den  langen 
Tagen, die ich hier erlebt hatte. Jetzt chille ich hier im 
Bett mit Laptop um sechs vor drei, und Mpumelelo ist 
im  Bad  und  hört  Musik  und  ich  hoffe  wir  gehen 
nochmal  raus  und  haben  einen  schönen  Spaziergang, 
aber  ich  werde  mir  jetzt  erst  einmal  Nudeln,  also 
Spagetti  kochen.  Und  da  fiel  mir  nach  den  Spagetti 
ein, die nicht besonders gut waren, dass ich vergessen 
hatte  zu  erwähnen,  weil  da  hatte  ich  auch  etwas  mit 
den  Meeresfrüchten  gegessen,  das  nicht  so  gut 
schmeckte  und  dann  mit  Mpumelelo  losgegangen, 
deshalb  fällt  es  mir  ein,  weil  es  ist  ein  Deja  Vu  zu 
Freitag  Mittag  ist,  als  wir  den  Bus  nahmen  der  kam 
sofort,  um  zum  Makro  zu  fahren,  ein  Museum  mit 
Oktopus  als  Logo,  also  auch  eine  Meeresfrucht. 
Nachdem ich auf dem Weg dorthin ein paar Fotos von 
Mpumelelo  gemacht  hatte,  wie  er  in  der  Mitte  der 
Straße  stand  und  hinter  ihm  ein  recht  schönes  Haus 
mit  einer  großen  Palme  im  Vordergarten,  was  uns 
gefiel,  warteten  wir  auf  Veronica,  vor  der  sehr 
modernen,  dem  Maxxi  nicht  unähnlichen, 
Museumsarchitektur,  bis  sie  kam  und  erzählte,  das 
dort  mal  ein Anthropologe  Direktor  war,  bis  er  ging, 

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weil er kritisiert wurde, weil das Museum zu verrückt 
wurde, denn er wollte es für alle öffnen, mehr wie ein 
kreatives  Wohnzimmer,  aber  er  ging  und  jemand 
neues war Direktor und entschloss sich stattdessen für 
ein  Konzept  mit  Oktopus.  Die  Raumaufteilung  war 
mal  wieder  sehr  verwirrend,  aber  es  war  auch  sehr 
experimentell,  weil  ich  glaube  die  Museen  in  Rom 
sind  schon  sehr  experimentell,  so  hatten  sie  zum 
Beispiel  für  die  ständige  Sammlung  eine  Tapete  mit 
dem Aufdruck von einem Kunstlager in schwarz weiß 
Fotografien, ob das nun gut oder schlecht ist, aber mir 
gefiel  ein  Video  mit  einem  Archiv  an  YouTube 
Videos,  die  so  ähnlich  sind,  wie  bekannte 
Performances, über die wir, wie ich noch nicht wusste, 
alles diesen Abend lernen würden. 

N

un  bin  ich  nach  einer  lange  Pause  vom 

Schreiben,  denn  die  Tage  waren  voll  und 

aufregend  und  ich  hatte  beim  besten  Willen  keine 
Ruhe mich dem Dokument zu widmen, am Flughafen 
und  blicke  durch  die  großen  Fenster,  die  sie  immer 
haben  auf  eine  kleine  blaue  Maschine  von  ITA 
Airways, habe die letzten Seiten des Berichts gelesen, 
um mich in der Zeit der Geschichte zu orientieren und 

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versuche  mich  jetzt  der  schweren,  sehr  schweren 
Aufgabe die Tage zusammenzufassen. Ja die Spagetti, 
die  ich  am  Sonntag  hatte  waren  nicht  so  gut  und  ich 
brauche Meeresfrüchte nicht zwangsläufig in meinem 
Leben, und der Spaziergang mit Mpumelelo war nicht 
so weitläufig, wir blieben im Viertel und er kaufte ein 
paar  italienische  Pullis  bei  den  Ständen,  die  auf  der 
Straße  sind  für  seine  Familie,  aber  trotzdem  war  ich 
nach kurzer Zeit so erschöpft, dass ich mich auf eine 
Bank  setzte  und  zwei  Colas  trank,  die  ich  vorher 
ungekühlt  im  Supermarkt  kaufte.  Wir  waren  zu 
Beginn  der  Tour,  denn  es  war  wohl  eine  Shopping 
Tour,  auf  einem  Flohmarkt  hinter  einer  Mauer,  vor 
einem  bewachsenen  Hügel  an  dem  ich  am  Sonntag 
war, und der Flohmarkt war so römisch es gab fast nur 
Marken-  und  Lederprodukte.  Direkt  am  Eingang  war 
ein Stand mit zwei mittelalten Frauen und gespritzten 
Lippen, da fand ich ein süßes Paar Pumps aus fast nur 
silbernen  Riemen  und  sehr  hohem  dünnen Absätzen, 
die  so  hoch  waren,  dass  es  eine  wahre  Schmach  war 
mit  ihnen  über  den  Schutterboden  zu  dem  Spiegel 
beim  Kaffeestand  zu  laufen.  Mit  Minirock  und 
Dirndelsocken sah das ganz gut aus im Spiegel, aber 
ich kaufte die Schuhe für 35 Euro nicht. Ich kaufte  eh 
nichts,  außer  später  im  Supermarkt  frisches  Gemüse 

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einen  Pecorino  und  Shrimps,  die  ich  auftaute  und 
dann doch zu müde war zu essen, also zurück in den 
Kühlschrank  stellte  und  am  nächsten  Tag,  dem 
Montag  wegschmeißen  musste.  Auf  unserem 
Spaziergang trafen wir zudem, ich glaube es war nah 
dem Kreisverkehr, Svenja, doch sie sagte kaum Hallo 
und  ging  weiter  beschäftigt  ihr  nächstes Telefonat  zu 
tätigen,  was  wir  recht  seltsam  fanden  und  es  sollte 
tatsächlich  das  erste  Anzeichen  der  komischen  Tage 
sein von denen ich berichten werde. Zu Hause aß ich 
wie gesagt nicht die Shrimps sondern nur das frische 
Gemüse, denn ich war so müde von all dem Shoppen 
und  der  ganzen Woche  wahrscheinlich  auch,  also  lag 
ich  in  meinem  kleinen  Bett  in  der  Ecke  des  Raumes 
und schaute das eine oder andere YouTube Video ohne 
viel  davon  mitzubekommen,  denn  ich  erinnere  auch 
nicht  sonderlich,  obwohl  ich  schaute  die  Satire 
Sendung,  die  immer  an  Freitagen  zu  erscheinen 
pflegen.  Und  Svenja  kam,  aber  Florinda  schlief  wo 
anders. Das ist der Sonntag, der erste von vier Tagen 
über die ich heute schreibe, hier im Flugzeug sitzend, 
das sich langsam füllt, mit Menschen in Anzügen, so 
typisch  für  die  Stadt,  die  neben  mir  sitzen  und  es  ist 
tatsächlich  das  blaue  Flugzeug,  das  ich  aus  dem 
Fenster  sah.  An  dem  Security  Check,  ich  habe  es 

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gezählt, bin ich sieben Reihen abgesperrten Warteweg 
gelaufen  und  dabei  gezählt  ich  war  12 Tage  in  Rom, 
Ankunft-  und Abflugstag  mit  gerechnet.  Der  Stewart 
sieht  sehr  gut  aus,  wie  er  die  Sicherheitshinweise 
vorführt und ich versuche mich zu erinnern, wie es am 
Montag  morgen  war,  zu  welcher  Uhrzeit  was 
passierte. Aber ich trank vielleicht einen Kaffe in dem 
Kaffee  unter  dem  Hostel,  aber  diesmal  das  auf  der 
rechten  Seite,  das  keine Tische  draussen  hat,  aber  50 
Cent billiger ist, und weil ich keinen Kaffee draussen 
hatte  bin  ich  ein  Block  weiter,  glaube  ich,  in  ein 
anderes  Kaffee  gegangen,  wo  ich  einen  Kaffee,  dann 
für drei Euro hatte, aber dafür wurde er gebracht mit 
kleinen Keksen, die aß ich aber nicht und einem Glas 
Wasser, aber vor allem war im Schaum ein lächelndes 
Gesicht  mit  spitzer  Nase  und  das  postete  ich  am 
Dienstag auf Instagram in meiner Story. Und vor dem 
ersten  Kaffe  hatte  mich  Svenja  angerufen  oder  mir 
geschrieben, sie habe ihren Geschmackssinn verloren, 
sei  jetzt  auf  der  Suche  nach  einem  Coronatest  und 
empfahl  mir  auch  einen  zu  machen,  und  bei  meinem 
zweiten Kaffee schrieb sie, sie brauche ein wenig Zeit, 
weil sie hatte Nasenspray benutzt und dann gegoogelt, 
dass man das nicht tun darf vor einem Test, aber eine 
halbe  Stunde  später  fühlte  sie  sich  sicher  damit  ihn 

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nun  zu  machen,  und  ich  hatte  nach  dem  zweiten 
Kaffee  Veronica  auf  dem  Weg  getroffen  wir  gingen 
ein  Stück  zusammen  aber  trennten  uns  an  dem 
Kreisverkehr,  als  ich  in  einer  der  viel  vertretenen 
Pharmacias ging, um mir ebenfalls einen Test für 4,90 
zu  kaufen,  den  ich  machte  auf  einer  Steinbank,  beim 
Brunnen  in  der  Mitte  des  Kreises,  wo  Svenja  dazu 
kam, die war negativ getestet, als ich versuchte mein 
Ergebnis zu deuten, das vielleicht einen Schatten einer 
zweiten  Linie  besaß,  aber  manche  sagen  das  sei 
normal, und wir gingen ins Centro, ziemlich verwirrt 
und  begannen  die  Ausstellung,  wie  an  den  zwei 
Abenden geplant aufzubauen. Wir tauschten ein Foto 
von Mpumelelo mit meinem Betonding, das Veronika 
Fossil  taufte,  aus  in  dem  dunklen  Zimmer  in  der 
Florindas  Video  Arbeit  projiziert  werden  würde,  das 
klappte  sehr  gut  und  wir  überlegten,  wie  wir  die 
Vorhänge  aufhängen  würden,  die  den  Raum 
abdunkeln sollten, denn die Wände dürften nicht groß 
beschädigt  werden  und  zu  irgendeiner  Uhrzeit  wie 
eins ging ich mit Svenja zum chinesischen Laden, wo 
es  alles  gibt,  um  Plastiktüten  für  meine  Items  zu 
kaufen,  die  ich  so  präsentieren  wollte,  seit  die  sozial 
engagierte  Künstlerin  es  mir  in  dieser  Art  geraten 
hatte. Den Sound zum Video hatte ich geändert, so das 

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nun im Menu nur der Sound des Hintergrundvideos zu 
hören  war.  Svenja  hing  ihr  Buch  an  einem  dünnen 
Faden  auf  und  legte  Kissen  darunter,  die  Veronica 
gebracht  hatte  und  einen  Würfel  mit  weißen 
Handschuhen darauf, um es anfassen zu können, und 
die Frage kam auf, wie wir Giampaolos Arbeit hängen 
würden, was wir erst später taten, aber er war nicht da, 
denn  er  musste  arbeiten  bei  der  Bahn,  wo  er  auch 
manchmal Ansagen macht. Also standen wir bereit, im 
Flur,  um  unseren  Lunch  zu  machen,  denn Aufbau  ist 
anstrengend  und  ich  wunderte  mich  über  all  die 
Stiche,  die  auf  meinem Armen  waren,  weil  es  waren 
echt viele und Mückenstiche wären von einer anderen 
Beschaffenheit und ich glaube im Kaffee, wo ich ein 
Stück  Pizza  mit  Zucchini  und  Speck  nahm  und 
Veronica und Florinda saßen an einem anderen Tisch 
als  Svenja  und  ich,  weil  wir  ja  vielleicht  Corona 
hätten kamen wir doch recht schnell drauf das wären 
Bettwanzen, und wir gingen das zweite Stück Pizza in 
der Hand essend schnell zurück zum Hostel ohne den 
anderen  zu  sagen,  was  wir  taten.  Man  sieht  hier 
überschlugen  sich  nun  genannte  Ereignisse,  und  die 
arme Svenja die Morgen dem 28ten ihren Geburtstag 
hat,  war  komplett  fertig,  weil  eigentlich  machte  sie 
sich  ja  schon  Sorgen  um  ihren  Geschmacksverlust. 

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Aber  im  Hostel  ging  ich  zum  Rezeptionist  zeigte 
meine Stiche und anschließend mein Bett und er hob 
die Matratze an, die von der anderen Seite auch sehr 
dreckig war und tatsächlich war da einer dieser nicht 
so kleinen, runden Käfer mit unscharfer Aussenkante 
–  der  Rezeptionist  sprühte  ihn  tot  mit  einem  giftigen 
Spray  in  einer  Flasche,  die  die  Größe  eines 
Putzmittels  hatte.  Es  müssen  recht  viele  Käfer 
gewesen sein in der Matratze, die er nun rausbrachte, 
denn in den nächsten Tagen konnte ich kaum mehr die 
Stiche  auf  meinem  Körper  zählen,  die  zwei  Tage 
brauchen  können  um  aufzutauchen,  also  erst  am 
Dienstag, der Tag unserer Ausstellung in voller blühte 
war.  Wir  bekamen  eine  Dampfmaschine  zum 
Reinigen,  einige  Wäschen  bei  60  Grad  und  ich  ging 
unter  die  Dusche  und  hing  all  den  Fummel  auf,  den 
ich  mit  dieser  Maschine  reinigte,  wobei  mich  ein 
Mann,  der  sah  aus  wie  ein  Bauarbeiter  von  unten 
begeistert  beobachtete,  weil  ich  glaube  die  Italiener 
stehen  auf  Frauen  auf  dem  Balkon  die  ihre  Wäsche 
aufhängen, weil am nächsten Tag passierte mir genau 
das  selbe.  Das  war  mir  wirklich  zu  viel.  Übrigens 
sitzen wir nun in einem Kaffee im milaner Flughafen, 
ich  hatte  ein  Sandwich  mit  Kochschinken  und 
Mozzarella,  dann  hatten  wir  einen  Spaziergang  zu 

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Kiko  und  danach  habe  ich  mir  eine  Flasche 
Sprudelwasser  geholt,  die  ich  sehr  geniesse,  weil  ich 
durstig  bin.  Nein,  alles  am  Flughafen  ist  nicht 
sonderlich wichtig, weil das ist zwischen den Welten, 
schuldet  niemandem  Steuern,  also  gehe  ich,  im 
Flugzeug sitzend weiter der Geschichte nach, weil der 
Mann  mich  beobachtete,  wie  ich  all  die  schönen 
Dinge, mit denen diese Geschichte ja begonnen hatte 
nun  schamvoll  auf  dem  Balkon,  ja  auf  den  Straßen 
von  Rom  ausbreiten  musste,  den  feinen  Koffer  mit 
Gift  vollgesprüht,  geschlossen  zur  Seite  stellte,  fand 
ich  doch  eine  ironische  Orgie  der  Dinge,  Orgie  der 
Insekten. Die Natur hatte zurückgeschlagen, ins High 
Life  des  Jet-Set  Daseins,  obwohl  wir  es  doch  eh  seit 
drei Jahren gewöhnt sind, das sie zurückschlägt, denn 
Svenja,  die  ich  nach  er  großen  Reinigung  und  einen 
Espresso,  den  hatte  ich  aus  der  Maschine  im  Hostel, 
bei  der  Fontana  fand,  die  Fontana  wird  in  der  Mitte 
von drei auswärts gewanden Frauen getragen, wie ich 
nun sah, denn Svenja zeichnete diese, sie hatte länger 
nach einer Frauenstatue, wie diesen gesucht, und jetzt 
hatte sie Zeit, weil beim Aufbau konnte sie nicht mehr 
helfen, denn sie hatte nach dem Lunch nun einen Test 
gemacht,  der  positiv  war,  und  ins  Hostel  konnte  sie 
nicht das wurde gerade ausgegiftet. Ja, das waren die 

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großen  Wendung  dieses  Montags,  der  so  schrecklich 
chaotisch war. Und so kommt es dazu das Svenja jetzt 
nicht  bei  uns  im  Flugzeug  von  Mailand  nach 
Amsterdam  sitzt.  Und  auch  nicht  bei  unserer 
Ausstellung  in  Rom  war  von  der  ich  gleich  erzählen 
werde.  Ich  machte  auch  einen  Test  von  einer 
Apotheke,  die  noch  ein  Stück  weiter  liegt  und  wir 
saßen  auf  unterschiedlichen  Steinbänken  an  der 
Fontana mit den vier Frauen und wunderten uns über 
den  Lauf  der  Reise,  tatsächlich  ist  keiner  von  uns 
anderen danach positiv geworden, was ich erstaunlich 
finde.  Svenja  verbrachte  noch  ein  wenig  mehr  Zeit 
draußen, bis sie ihren Sachen im Hostel packte, um in 
einem einzelnen Zimmer in der Nähe vom Centro zu 
schlafen und am nächsten Tag gegen zwei Uhr mittags 
einen  Flug,  den Alessandra  für  sie  verschoben  hatte, 
nach Frankfurt zu nehmen, von wo aus sie einen Zug 
nach  Leipzig  nahm  und  am  Abend  des  Dienstages 
unserer  Ausstellung  in  ihrem  Zimmer  anzukommen, 
um sich auszukurieren. Der weitere Aufbau war müde. 
Veronika  erstellte  an  ihrem  Computer  einen  neuen 
Raumplan  mit  all  den  Änderungen.  Ich  hatte  schon 
mein schwarzes Vernissage Kleid an, mit dem Wirble 
vorne,  weil  es  war  das  einzige,  das  ich  noch  nicht 
getragen hatte und Flip Flops, also war mir recht kalt 

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und  ich  legte  mir  ein  Laken  um  das  ich  bei  Svenjas 
Buch fand, das schon am Faden hing, und ein Laken 
umgeworfen  sieht  doch  aus,  wie  eine  Toga,  aber  ich 
wieß  niemanden  daraufhin.  Nachdem  alles  hing,  was 
eigentlich  alles  Alessandra  in  die  Wand  hämmerte, 
weil die ja so empfindlich ist, war ich froh, denn ich 
war  so  müde,  zu  Hause  zu  sein.  Ich  hatte  mein  altes 
Bett, das nun hochgeklappt war verlassen und schlief 
in  dem  Bett  über  dem  von  Florinda,  das  praktisch  in 
der  Mitte  des  Raumes  stand,  was  gut  ist  gegen 
Wanzen,  wenn  es  die  Wände  nicht  berührt.  Florinda 
schlief  woanders  und  ich  machte  mir  eine  große 
Portion Spagetti mit pecorino, und schaute mal wieder 
YouTube  Videos  an,  an  die  ich  mich  nicht  erinnere. 
Ich schlief nicht sehr gut in der Nacht. Und überhaupt 
schlief  ich  keine  Nacht  in  dem  Hostel  mehr  gut,  und 
als Florinda wieder die letzten beiden Nächte bei uns 
schlief  wurde  es  nicht  besser,  denn  das  Bett  wackelt 
bei jeder Bewegung. Sie sagte dann sie hätte mich am 
liebsten  geschlagen  in  der  Nacht,  aber  ich  war  halt 
voll  mit  Stichen  und  musste  mich  im  Kreis  drehen, 
wie  eine  Verrückte.  Zudem  konnte  ich  zu  der 
Ausstellung nicht mein Kleid, wie geplant tragen, mit 
den  schwarzen  Stöckelschuhen,  sondern  musste  eine 
beige  Ballettstrumpfhose  und  eine  beige  Bluse  mit 

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kleinen Blumen und Früchten dazu komponieren, weil 
meine Arme und Beine einfach ein wenig gruselig und 
ansteckend  aussahen.  Ich  denke  mal,  ich  hatte  auch 
mal  wieder  einen  Kaffee,  aber  ich  weiß  es  nicht  so 
genau,  aber  wir  trafen  uns  gegen  elf,  um  die  letzten 
Dinge herzu richten und ich stellte meinen Computer 
auf, mit dem interaktiven Video, und konnte nochmal 
draussen mit Svenja quatschen bevor sie gehen würde, 
zum  Flughafen.  Ich  war  ja  nicht  so  zu  frieden  mit 
meinem  Party  Outfit  und  allgemein  meiner 
malträtierten  Haut  und  über  die Ausstellung  war  ich 
vor lauter Chaos garnicht mal aufgeregt gewesen, aber 
es  kamen  eh  nicht  sonderlich  viele  Menschen.  Wir 
hingen  rum,  bei  unserer  Kunst  oder  gingen 
gelangweilt  rauchen,  ich  fand  sogar  Zeit  Clara 
anzurufen,  mit  der  ich  seit  Beginn  der  Reise  nicht 
gesprochen  hatte  und  die  währenddessen  ihre 
Augenbrauen  gebleached  hatte,  was  ich  fand  sehr 
Renaissance mäßig aussieht. Wir hatten von zwölf bis 
19 Uhr geöffnet, also sehr früh und sehr lange und als 
wir für ein Lunch gingen, bei dem ich ein Stück Pizza 
mit Aubergine hatte, aber zu viel Olivenöl, was nicht 
immer hilft, war die hälfte der Zeit um und wir hatten 
Veronikas  Freundin  zu  Besuch  gehabt,  die  nun  auch 
mit  zum  Lunch  kam.  Bei  diesem  Lunch  erzählte  ich 

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die  Geschichte,  die  ich  dem  Vize  Konsul,  der  aus 
Sizilien  ist,  nicht  erzählt  hatte,  wie  ich  mit  meiner 
Familie  in  einem  überfluteten  Haus  in  der  Nähe  des 
Ätnas  lebte,  aber  die  Geschichte  von  der 
Schwefelinsel  erzählte  ich  nicht.  Nach  mehreren 
Stunden  und  Rücksprache  mit  Clara  hatte  ich  zwei 
Instagramposts,  von  meinen  ausgestellten  Arbeiten 
kreiert und aufgeregt gepostet, das war ein großer Teil 
der Beschäftigung. Ich war sehr zu Frieden mit ihnen, 
wie  ich  auch  mit  der  Ausstellung  war,  die  wir  sehr 
wohl  vorbereitet  hatten,  und  das  wir  so  wenig  Gäste 
hatten,  sagte  Alessandra  liege  halt  daran,  dass  heute 
der  Papst  sein  Haus  verlassen  hatte  um  sich  für 
Frieden  auszusprechen,  was  ich  sehr  römisch  fand, 
aber Veronica sagte, das sei eine Ausrede. Tatsächlich 
kamen die fünf Gäste nachdem wir beim Supermarkt 
waren,  weil  ich  Cola  wollte,  aber  wir  hatten  auch 
guten gekühlten Sekt geholt, und als wir diesen um 18 
Uhr  aufmachten  trudelten  die  fünf  prompt  ein.  Ein 
Gast bekam ein Glas doch danach beschlossen wir den 
Prosecco  zu  verstecken  und  uns  ab  und  zu  um  die 
Ecke die Plastikbecher zu füllen, um vielleicht damit 
rauchen zu gehen, unsicher, ob man jetzt mit den paar 
Gästen interagieren sollte, oder ob das awkwader ist. 
Ich  interagierte  kaum,  aber  manche  sagten  sehr  nett 

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zum Abschied „Ciao“ oder ein Kompliment vielleicht. 
Die  Künstlerin,  die  wir  in  ihrer  Galerie  getroffen 
hatten,  kam  nicht,  obwohl  ich  das  doch  ziemlich 
erwartet hatte, weil sie war so nett und interessiert an 
unserer Arbeit. Als letztes kam Giampaolo mit seinem 
Freund  Danielo,  den  er  immer  dabei  hat,  da  war  es 
schon 20 Uhr und der Sekt war alle. Wir hatten einen 
Aperitivo  in  einer  Bar  und  danach  Pasta  in  einem 
Restaurant,  mit  zwei  Liter Wein,  wo  unklar  war,  wer 
das bestellt hatte, ich hatte Nudeln mit Tomatensoße, 
weil ich einfach mir nichts anderes vorstellen konnte, 
und  es  dauerte  nicht  lange  bis  ich  relativ  betrunken 
war  und  meine  Haut  so  weh  tat,  das  ich  nicht  sitzen 
und  nicht  stehen  wollte,  und  ich  glaube  das  sah  man 
mir an, denn Florinda fragte, ob wir nach Hause gehen 
wollen. Gestern war dann wohl Mittwoch und ich tat 
nicht  viel,  ich  schlief  eh  bis  13  Uhr  oder  so  und 
Florinda  stand  unten  auf  der  Straße  und  fragte  mich, 
ob  ich  mitkomme  zum  Lunch,  also  gingen  wir  um 
Blocks, einen kleinen Umweg und ich hatte in einem 
Kaffee einen Cornetto im stehen und einen Kaffee im 
sitzen und noch einen Kaffee gegenüber, wo Florinda 
ihr  Lunch  kaufte.  Später  ging  ich  noch  ein  mal  mit 
Mpumelelo raus, um die Ausstellung abzubauen, was 
sehr  schnell  geht,  weil  es  ist  ja  nur  einpacken  und 

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Alessandra  machte  alles,  was  mit  Wänden  zu  tun 
hatte,  und  wir  rollten  die  Leinwände  von  Giampaolo 
ein.  Nochmal,  um  ein  paar  Blocks  streifend,  kamen 
wir danach zu McDonalds und als ich einen von den 
zwei Cheeseburgern aß, die ich gekauft hatte, war ich 
zu friedener, denn ich war hungrig gewesen und mein 
Kopfschmerz  ging  weg.  Den  zweiten  aß  ich  im  Bett 
zu  ein  paar  Snacks,  die  ich  noch  gekauft  hatte  und 
weiteren YouTube  Videos,  bis  ich  um  eins  einschlief 
und  nicht  so  ausgeschlafen  um  acht  erwachte,  wobei 
ich  runter  in  mein  Stammkaffee  stürmte  mit  meinem 
Schlafanzugoberteil  an,  weil  ich  so  dringend  pissen 
mussten. Die Frau die mich immer bediente und auch 
wusste was ich will, hieß Claudia, weil der alte Mann 
rief  nach  ihr,  recht  unhöflich,  als  ich  zahlen  wollte. 
Und  an  diesem  morgen,  um  10  Uhr,  ließen  wir  Rom 
hinter uns an der Bus Station neben einem Palast, mit 
einem  komischen  Gefühl,  denn  Rom  ist  schön,  aber 
ich  war  sehr  froh  zu  gehen.  Was  ich  am  letzten  Tag 
nicht schaffte, weil ich einfach so fertig war, war zum 
Trevi  Brunnen  zu  gehen  und  eine  Münze  hinein  zu 
werfen, das Vatikan Museum hatte ich nicht gesehen, 
nicht sonderlich viele Ruinen und ich hatte niemanden 
von  den  Freunden  meiner  Eltern,  die  vielleicht  dort 
leben  bescheid  gesagt  oder  getroffen.  Das  hat  noch 

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gefehlt und vielleicht auch manches andere. Aber ich 
hatte  doch  wirklich  schon  sehr  viele  Eindrücke  von 
Rom. Die Sachen, die ich gepackt hatte waren schon 
ganz  gut,  aber  auch  nicht  perfekt,  vielleicht  hätte  ich 
noch  ein  anderes  paar  Schuhe  gebraucht,  und  man 
kann  auch  nicht  immer  perfekt  aussehen,  weil  nur 
fummelige T-Shirts, die stinken halt schnell.  

U

nd  zu  Letzt  sitze  ich  in  dem  Zug  der  von 

Frankfurt nach Leipzig fährt, nachdem ich gestern 

von Amsterdam nach Frankfurt geflogen bin, so dass 
ich die ordentliche Struktur sah, denn ich hatte einen 
Fensterplatz, mit dem die Niederländer ihre Böden in 
Felder  teilen,  mit  Wasserstraßen  dazwischen  und  die 
Hausreihen  in  den  Ballungsgebieten  formen,  bis  ich, 
nach  einer  drei-viertel  Stunde  die  hochhausreiche 
Stadt  unter  mir  erblickte.  Ich  freue  mich  sehr  auf  zu 
Hause,  aber  bin  gequält  von  der  Vorstellung  meine 
Bettwanzen mitzubringen, und so zieht sich die Reise 
irgendwie  noch,  also  der  Stress,  in  das  aufwändige 
Auspacken  und  Waschen,  der  24  Dinge,  die  mein 
Alphabet  waren.  Als  ich  gestern  zu  Mila  kam,  zwei 
Stunden  oder  länger  nach  meiner  Ankunft,  es  war 
schon  dunkel,  denn  ich  hatte  auf  mein  Gepäck 

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gewartet,  erzählte  ich  recht  schnell  alles,  mit  dem 
Ausblick,  dass  es  auch  noch  ein  sehr  detailreichen 
schriftlichen  Bericht  geben  würde,  den  ich  noch  mit 
den  letzten  Ereignissen  in  Amsterdam  und  einem 
Ausblick  der Auswirkungen  oder  Resümee  der  Reise 
bereichern werde. Die letzte Station, in die Hauptstadt 
der  Jibbits  war  mit  Abstand  meine  müdeste  Epoche 
der  Reise.  Florinda  hatte  schrecklich  Flugangst  und 
wir sind ja zwei Flüge an einem Tag geflogen, wegen 
dem  Zwischenstop  in  Mailand,  aber  sie  hat  es  gut 
überstanden.  Bis  wir  am  Schiphol  Flughafen,  auch 
dort  war  es  schon  dunkel,  einen  schnellen  Kaffee 
hatten  und  in  eines  der  viel  zu  luxuriösen  Taxis 
stiegen, die Limousinen ähnlich, automatisch öffnende 
Türen  haben,  und  von  gut  gekleideten  Mitarbeiten, 
sorgfältig  an  die  Ankommenden  verteilt  werde.  Ich 
hatte  die  Vermutung  es  war  meine  müdeste  Zeit, 
zunächst,  weil  ich  Corona  hätte,  was  sich  nicht 
bestätigte,  als  ich  am  Samstag  morgen  vor  der 
Ausstellung einen Test machte, und dann, weil ich es 
gegoogelt  hatte  und  Kortison,  was  ich  in  rauen 
Mengen  als  Salbe  auf  meine  Stiche  auftrug,  zu 
Müdigkeit  und  Hautverdünnung  führen  kann.  Und 
man sagt doch eine dünne Haut haben, denn nach dem 
Aufbau am Freitag und auch als die Ausstellung fertig 

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war,  hätte  ich  weinen  können  vor  Erschöpfung.  Wir 
hatten  unsere  Arbeiten  ein  letztes  Mal  aufgebaut, 
diesmal  in  dem  direkt  am  Kanal,  in  der  Innenstadt 
Amsterdams  liegenden,  Instituto  di  Cultura  Italiano. 
Der  Boden  in  dem  Raum  war  mit  einem  roten 
Teppichband  ausgelegt,  der  zur  der,  den  Fenstern 
gegenüberliegenden Seite führte, die schräg nach oben 
führend  mit  Publikumssitzen  möbliert  war.  Ich  war 
nicht  die  Einzige,  alle  waren  mehr  oder  weniger 
komplett  am  Ende,  aber  sie  gingen  am  Freitag  nach 
dem  Aufbau  und  einem  Power  Nap  im  Hostel  noch 
einmal aus, die Stadt zu erleben, während ich im Bett 
blieb  für  zwölf  Stunden,  wirklich  gar  nichts  tuend. 
Und  am  nächsten  Tag  noch  einmal,  nach  der 
Ausstellung,  als  die  anderen  ins  Foam  Museum,  ein 
Museum  für  Fotografie  gingen,  als  ich  danach  bei 
einem  Aperitif  ohne  folgendes  Abendessen,  im 
abendlichen  Kanalgewirre  zu  ihnen  auf  eine  Brücke 
stoß,  erzählten  sie,  sie  hätten  am  Tag  davor,  beim 
Ausgehen, libanesisch gegessen und anschließend die 
Veranstaltung  der  Residency  Programms  „Ateliers“ 
besucht  und  viel  Spaß  gehabt.  Und  der  letzte Abend, 
bei dem ich dann auch dabei war war auch sehr schön. 
Giampaolo und Mpumelelo, die vor mir nochmal weg 
gewesen  waren,  kamen  wieder,  und  wir  saßen 

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zusammen  und  redeten  über  Magie  und  unser 
Resümee  der  Residency,  die  durchweg  negativ  war. 
Das Hostel war im Vergleich zu dem davor ein Traum, 
es  war  ein  normales  Hostel,  das  an  dem  Samstag 
Abend,  von  dem  ich  erzähle  eine  Halloween  Party 
veranstaltete, mit spooky Deko, aber wir gingen nicht 
hin,  nachdem  wir  von  der  Brücke  gingen,  einen 
Abstecher  in  einen  klassischen  Pup  machend, 
Käsewürfel  essend,  nach  Hause  gingen,  in  unser 
kleines  Zimmer,  mit  einem  kleinen  Klo  und  einer 
kleinen  Dusche,  jeweils  hinter  einer  Tür,  das 
Waschbecken  davor  im  Hauptraum.  Ich  versuchte 
vergeblich  gruselige  Musik  über  meine  Bluetooth 
Boxen  anzumachen,  aber  Florinda  übernahm  und 
schaffte  das  viel  besser  und  Veronika  tanzte,  und 
irgendwann,  Giampaolo  und  Mpumelelo  kamen  erst 
später,  lagen  wir  alle  im  Bett  und  redeten  über 
Bettwanzen  und  Reisesachen.  Wir  waren  auch  am 
ersten Abend  in Amsterdam,  der  Donnerstag  mit  den 
zwei  Flügen,  essen  gewesen  in  einem  Tapas 
Restaurant,  denn  die  Holländer  lieben  spanisches 
Essen  anscheinend,  dort  aß  ich  winzig  kleine 
Chickenwings  mit  Orangen  Marinade  und  Zimt 
Verfeinerung.  Dieser  erste Abend  in  der  neuen  Stadt 
war  sehr  angenehm,  denn  wir  gingen  spazieren  und 

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genossen  die  gemütliche  Stimmung  von  Amsterdam 
sehr.  Alles  lässt  einen  an  Kissen,  Tees  und  Pyjamas 
oder so denken, süßen Katzen und irgendwas mit DIY. 
Amsterdam  und  Rom  sind  komplette  Gegenteile  von 
einander, ich bleibe da ohne Wertung. Ich habe einer 
Katze den Kopf gekrault, als es kurz regnete in einem 
Eingang zu einem Hotel, aber es hörte schnell auf und 
wir  hatten  den  ganzen  Aufenthalt  über  seltsame  20 
Grad,  was  speziell  ist  auf  diese  Art  eine  nördlich 
liegende  Spooky  Season  mitzuerleben,  halt  draußen 
ohne  Hast.  Die Ausstellung  ging  von  elf  bis  15  Uhr. 
Es  gab  sowohl  ein  Buffet  mit  kleinen  italienischen 
Snacks,  wie  frittierten  Reisbällchen,  Gebäckschalen 
mit  Melanzane  gefüllt  und  sogar  Pinot  Grigio  zum 
Mittag, wie auch ein paar Gäste, mit denen ich nicht 
viel  redete,  außer  mit  einer  Frau  mit  der  ich  in  ein 
Gespräch  über  meine  Arbeit  kam.  Ich  trank  auch 
starken  Kaffee  und  fühlte  mich  nicht  so  wohl,  und 
wollt  ziemlich  bald  nicht  mehr  in  den  Hauptraum 
gehen,  der  neben  dem  engen  Eingangsflur  mit 
Häppchen  lag,  denn  da  war  Alessandras  Handy  und 
sendete alles was geschah von einem kleinen Tisch in 
einen Lifestream auf Instagram. Sowohl die Botschaft 
in Albanien,  wie  auch  dieses  Kulturinstitut  hatten  an 
ihrem  Eingang,  diese  Kontrollbögen  durch  die  man 

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geht  und  sie  piepsen,  wenn  etwas  metallisch  ist,  und 
auch  in  der  Nationalgalerie  in  Rom  hatten  sie  das, 
aber  nur  da  haben  sie  es  auch  benutzt,  in  Vlore  und 
Amsterdam  nicht.  Beides  offizielle  Gebäude,  nur  das 
in  Amsterdam  war  älter  und  herrschaftlicher,  mit 
goldenen Pfeilern an denen rote Samt Würste hängen, 
um  dieses  und  jenes Abzusperren,  aber  immer  findet 
man  ein  Foto  von  Mastroianni  und  eines  von  Loren, 
wie  in  den  Pizzerien  in  Deutschland.  Ich  habe  den 
Eindruck  gewonnen,  das  alles  was  mit  Italien  zu  tun 
hat  ein  wenig  schmuddelig  ist.  Am  letzten  Morgen 
haben  wir  uns  in  der  Haupthalle  des  Hostels,  in  dem 
in  der  Mitte  ein  bewucherter  Wintergarten  steht,  das 
Frühstücks  Büfett  für  neun  Euro  gegönnt,  ich  nahm 
mir  zwei  Cappuccinos  aus  der  Maschine  und  Sachen 
mit  Streuseln,  aus  Schoko  aber  auch  die  bunten.  Bis 
wir  mit  Alessandra  und  ihrem  Mann  Claudio,  der 
Mann der die Fotos machte, in das selbe Taxi, glaube 
ich,  sprangen,  mit  dem  wir  auch  vor  das  Hostel 
gefahren  wurden.  Florinda  blieb  da,  denn  sie  nahm 
den  Zug  erst  später,  und  ich  verließ  die  anderen  am 
Flughafen, um draußen zu chillen, denn wir waren um 
viertel  nach  zehn  angekommen  und  sie  flogen  um 
zwölf  nach  Rom  und  ich  alleine  um  15  Uhr,  also 
schlenderte ich nach all den Verabschiedungen, die ich 

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doch  auch  traurig  fand,  vier  bis  fünf  Stunden  durch 
den  großen  gepflegten  Flughafen,  noch  recht  lange 
vor der Kontrollschleuse, aß Würfel von Gouda Käse 
von  einem  Supermarkt,  dem  Albert  Heijn  und  ging 
sehr oft aufs Klo, denn ich hatte aus Langeweile sehr 
viel  Wasser  getrunken,  und  jedesmal  auf  dem  Klo 
checkte ich mein heißes Juicy Couture Outfit, das ich 
zum Fliegen trug, wie eine Perverse. Wir hatten beim 
Abschied  am  Frühstück  über  unsere  Ferienhäuser 
gesprochen,  die  wir  über  unsere  Familien  besitzen, 
und Giampaolo hat eines in Süditalien, Florinda eines 
in Argentinien und ich eines im Sauerland, also luden 
wir uns alle recht herzlich überall hin ein und sagten 
wir organisieren nächstes Jahr im Oktober eine zweite 
Residency durch die Welt. Gleich komme ich in Erfurt 
an um einen Umstieg in den zweiten und letzten Zug 
dieser Reise zu machen.

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