Bildbeschreibung des Werks "Gesang vom Leben"
3. Lied der Stadt
Die anschließende Zwischenstufe bereitet das Erklingen der dritten Deckenschräge vor.
Dies gelingt durch groteske Mischformen: religiös andächtige Personen und auf der einen,
musizierende, würfelspielende Figuren, eine Vogelscheuche und die Fleischlichkeit eines
Schweinekopfes auf der anderen Seite. Der erzwungene, architektonische Bruch wird zum
verbindenden Raum. Somit wird ein- und übergeleitet; die thematische Aufteilung der
vorangehenden Ebene wird zum realistischen Alltag hinübergeführt und nicht von ihm
abgegrenzt.
Starke Farbkontraste bestimmen das "Lied der Stadt". Das Alltägliche wird zum
Hauptgegenstand der Betrachtung erhoben. Die senkrechte, sich in die Bildtiefe
verjüngende Schwimmbahn, welche in einem Roten Turm endet, bildet eine axiale
Trennung. In all seinen Facetten wird das Treiben einer Stadt sehr detailliert vor dem Auge
des Betrachters ausgebreitet. Zwischen Neubauten und Autokolonnen sind lebensfrohe
Menschen, spielende Kinder, Sportler und Arbeiter versammelt. Ein Hochzeitspaar, ein
Fernseher und eine Kapelle bilden den Hintergrund. Auch das Neue Gewandhaus erscheint zwischen den
Häusern der Stadt. Am rechten Bildrand ist ein Liebespaar in inniger Umarmung zu sehen.
Ein Innenraum schützt die beiden vor der Hektik und dem Lärm der Großstadt -
individuelles Leben im städtischen Chaos. Dominierend strebt der Rote Turm, der auch als
Kathedrale des Sozialismus gedeutet wird, in die Zukunft . Sighard Gille dachte dabei an
rotgeziegelte Häuser, und doch drängen sich Parallelen zum Turm von Babel oder zu
Tatlins Entwurf für einen Turm der III. Internationalen auf.
Gille verwendet auch hier ständig wechselnde Perspektiven. Fixiert der Betrachter im
Vorbeigehen die Schwimmbahn, so wird er mit Verblüffung feststellen können, daß diese
sich je nach Blickwinkel entweder von rechts nach links oder entgegengesetzt erstreckt. An
diesem Beispiel wird am besten verdeutlicht, welche perspektivischen Schwierigkeiten der
Künstler zu meistern hatte.
Schließlich wachsen der Turm, der Neubau und, auf der rechten Seite, Teile des
Pergamonaltars über die dritte und letzte Zwischenstufe in die abschließende
Deckenschräge hinein. Dabei werden nun die Straßen und Linien der Stadt aus der
Vogelperspektive sichtbar.
Weitere Teile des Werks "Gesang vom Leben"
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Weiteres zu S. Gille und seinem Werk "Gesang vom Leben"
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- Bildbeschreibung des Werks "Gesang vom Leben"
- Zur Technik des Werkes
- S. Gille über Realismus
- Biografie von S. Gille
- Literaturhinweise