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Augustusplatz | Mendebrunnen | Gespräch

Gespräch zwischen einem Kritiker und einem Liebhaber des Mendebrunnens

Da der Brunnen hinsichtlich seiner Interpretation einige Fragen aufwirft fingieren wir, in Anlehnung an Fechners Interpretation, an dieser Stelle ein Gespräch zwischen einem Liebhaber des Mendebrunnens und einem Kritiker.

Streitpunkt

Kritik

Verteidigung

Idee

"Aber wo ist die Idee, die diesen in engen Raum zusammen- und übereinandergeschachtelten Kram zusammenhält? Wie wäre es, wenn die Personen eines Schauspiels auf der Bühne ihr Wesen ebenso unabhängig voneinander trieben, in einem Liede jeder Vers von etwas anderem sänge, in einer Sonate kein Satz sich um den anderen kümmere? Will der Brunnen allein eine Ausnahme von der allgemeinsten Forderung aller Künste machen und trotzdem Kunstwerk heißen?"

"Ich sehe in unserem Brunnen die ganze Wasserwelt durch Kunst zusammengezogen ins Kleine, symbolische und natürliche Mittel dazu wirkungsvoll ineinander greifend und sich ergänzend; sehe das Ganze durch die Idee beseelt, das Leben, Weben und Treiben des Wassers in seinem Anschluss an das Land, in seinen Beziehungen zur organischen Welt, in seiner Abstammung von Oben, kurz nach den verschiedenen Seiten und Richtungen, die es darbietet, zum in sich geschlossenen Ausdruck zu bringen. Nun soll ein Kunstwerk keine abstrakte Einheit, sondern einheitlich verknüpfte Mannigfaltigkeit darstellen."

Obelisk

"Was hat ein Obelisk mit der Idee eines Brunnens zu tun? Und inwiefern verbindet er sich mit dem Leben und Treiben der Figuren ringsum? Bei anderen monumentalen Kunstwerken sieht man gemeinhin eine Hauptfigur als Spitze und Zentrum des Ganzen die Hauptidee veranschaulichend. Wie kann der trockene, starre, stereometrische Obelisk eine Hauptfigur vertreten?"

"Der vom Ankläger vielgeschmähte Obelisk bildet sozusagen den stilistischen Kern des Ganzen, indem sich der ganze Figurenschmuck des Werkes an ihn anlegt, sich darum zusammenschließt, das ganze Werk durch ihn inneren Halt und äußere Höhe erhält. Fiele er weg, so würde das ganze Werk zum losen Haufen zusammensinken, mit dem inneren Halt zugleich Achse und Pol für die Orientierung verlieren."

Wasserspiel

"Ein spärliches Wasserspiel, das der Inschrift "Zum Himmel streben mit frischer Kraft" entgegen steht, ist nicht gerade die Krönung des Kunstwerks. Die Putten oben lassen vielmehr das Wasser nach unten laufen, unbekümmert darum, dass es erkältend auf die nackten Nacken der Frauenzimmer darunter läuft, die man unwillkürlich deshalb bedauert."

"Auch das ist zuzugeben, dass der Brunnen wirklich durch Sparsamkeit an Wasser weit hinter den möglichen Leistungen und hiermit Wünschen, die für den Ankläger zu Forderungen geworden sind, zurückbleibt.

Auch könnte der Ankläger selber leicht einsichtig werden, wenn er hört, dass der Brunnen mit Aufziehen aller Register der Stadt 8 Mark pro Stunde kostet, wofür der Steuerzahler aufzukommen hat. Es ist nun mal das Los des Schönen auf der Erde, mit den Steuerforderungen in Konflikt zu kommen.

Außerdem: das nach allen Seiten sprühende Wasser macht fast den Eindruck eines Feuerwerks, und in der Kraft selbst, mit der die erzenen Figuren es aussprühen, scheint noch etwas von dem Feuer ihres Gusses zurückgeblieben zu sein."

Material

"In der Tat aber, welche Sparsamkeit von Wasser gegenüber der Verschwendung von festem Material an einem Brunnen! Man hat sozusagen einen gewaltigen Lärm von Erz und Stein um ein verhältnismäßiges Nichts von Wasser."

"Vielleicht hätte man, wie man an Statuen alles weiß haben will, am Brunnen lieber alles rot oder schwarz gesehen. Ich meine doch, dass das der Abstich ist, den die Figuren gegen den Rest des Werkes bilden. So hebt sich Lebendiges von Totem ab."

Frösche

"Endlich noch eine Frage, die zwar kleinlich erscheint und doch nicht übergangen werden kann, da es feinen Beobachtern und Beurteilern nicht entgangen sein kann. Wie konnten die, auf das Leben in den Niederungen angewiesenen Frösche an dem Denkmal hinauf bis zu den Putten gelangen, und was wollen sie da oben?"

"Nun will ich schlussendlich auf die Fragen des Naturalisten antworten, dem die Lebensgewohnheiten der Frösche in unserem Denkmal nicht ausreichend berücksichtigt sind. Wie konnten die Frösche so hoch an dem Denkmal hinauf bis zu den Putten gelangen? Nun ganz natürlich durch Huppen. Und was wollen sie da oben? Eben so natürlich als regenverkündende Laubfrösche den regenspendenden Putten ein ihn zukommendes Attribut gewähren."


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